Hans Weinkamm

Rechtsanwalt

wichtige Urteile 


Gewährleistung 5 Jahre, 10 Jahre oder mehr?


Gericht: BGH
Datum: 23.2.2021
Az: VI ZR 21/20
NK:

Titelzeile:

BGB § 823 Abs. 1 Ac, F, L, M
Zum Umfang der deliktischen Haftung wegen fehlerhafter Werkleistung bei
Errichtung eines Gebäudes (hier: Installationsarbeiten in einer Sporthalle).


Leitsatz:

BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 823 Abs. 1 Ac, F, L, M
Zum Umfang der deliktischen Haftung wegen fehlerhafter Werkleistung bei
Errichtung eines Gebäudes (hier: Installationsarbeiten in einer Sporthalle).
BGH, Urteil vom 23. Februar 2021 - VI ZR 21/20 - OLG Rostock
LG Stralsund
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Februar 2021 durch den Vorsitzenden Richter Seiters, den Richter
Offenloch, die Richterin Müller, den Richter Dr. Allgayer und die Richterin
Dr. Linder
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Rostock vom 29. November 2019 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die klagende Versicherung macht Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht wegen eines Wasserschadens an einem Gebäude gegen die
Beklagte geltend.
Die Versicherungsnehmerin der Klägerin ist Eigentümerin einer Sporthalle, die sie im Jahr 1995 errichten ließ. Die dabei von der Beklagten durchgeführten Installationsarbeiten im Sanitärbereich der Halle wurden am 13. April
1995 abgenommen.
Die Klägerin behauptet, im März 2009 seien in der Sporthalle Anzeichen
eines Wasserschadens im Bereich der Nassräume im Untergeschoss bemerkt
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und im Juli 2009 seien an sieben Wasserabnahmestellen Leckagen festgestellt
worden. Ursächlich für die Leckagen seien die unsachgemäße mechanische Kürzung der Hahnverlängerungen durch Absägen und die unzulässige Eindichtung
der Verbindungen durch die Beklagte gewesen. Dichtigkeit und Stabilität der Verbindungen seien nicht gewährleistet gewesen, da die Ausführung der Arbeiten
nicht den geltenden Regeln der Technik entsprochen habe. Es sei - möglicherweise von Beginn an - Leitungswasser ausgetreten, das sich hinter der Wandabdichtung sowie im Fußbodenaufbau verteilt und zu Durchfeuchtungen geführt
habe. Vorsorglich seien im Juli 2009 sämtliche Hahnverlängerungen ausgetauscht worden. Der geltend gemachte Anspruch sei auf Ersatz der aus dem
Mangel resultierenden weitergehenden Schäden infolge der Durchnässung bereits zuvor vorhandener Gebäudeteile (Wände, Bodenplatte und Fußböden) gerichtet. Da das Gebäude bereits errichtet gewesen sei, als die Installationen von
der Beklagten eingebracht worden seien, ständen die beschädigten Teile damit
in keinem unmittelbaren Funktionszusammenhang. Die Sporthalle sei trotz des
Mangels am Gewerk der Beklagten in ihrer Gesamtheit zum vorgesehenen
Zweck verwendbar gewesen. Die Schadensermittlung und Sanierung des Wasserschadens hätten Kosten in Höhe von insgesamt 243.944,72 € verursacht, die
sie ihrer Versicherungsnehmerin erstattet habe. Durch die Arbeiten könne eine
Wertverbesserung in Höhe von 41.382,61 € eingetreten sein. Vorsorglich werde
nur der Differenzbetrag (202.562,11 €) geltend gemacht.
Mit ihrer am 31. Dezember 2012 bei Gericht eingegangenen und am
11. Januar 2013 zugestellten Klage verlangt die Klägerin Schadensersatz in
Höhe von 202.562,11 € nebst Zinsen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin
hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat - soweit hier relevant - ausgeführt, Gewährleistungsansprüche seien nicht Gegenstand der Auseinandersetzung und im Übrigen verjährt.
Ein neben dem Werkvertragsrecht möglicher Schadensersatzanspruch
gemäß § 823 Abs. 1 oder § 831 BGB, der nach § 86 Abs. 1 VVG übergegangen
wäre, sei nicht schlüssig dargelegt. Ein solcher Schadensersatzanspruch wäre
zwar nicht verjährt. Ein deliktischer Anspruch bestehe jedoch nur, soweit das Integritätsinteresse des Bestellers verletzt worden sei. Das sei nicht der Fall, wenn
sich der Mangelunwert mit dem erlittenen Schaden am Eigentum decke, also
Stoffgleichheit vorliege. Die nach dem Vortrag der Klägerin von ihrer Versicherungsnehmerin erbrachten Aufwendungen in Höhe von 11.940,30 € für die eigentliche Schadensreparatur (Ersatz der mangelhaft erbrachten Leistung und der
Bauteile, die für die Mangelbehebung hätten zwingend zerstört werden müssen)
begründeten von vornherein keinen deliktischen Anspruch.
Die Klägerin habe darüber hinaus keinen Anspruch auf Ersatz der von ihr
erstatteten Kosten für die Beseitigung von Schäden, die durch den behaupteten
Wasseraustritt an anderen Bauteilen (Bodenplatte, Wände und Fußböden) verursacht worden sein sollen. Die Neuerrichtung der Sporthalle im Jahr 1995 sei
als Gesamtbaumaßnahme anzusehen, auch wenn die Erbringung der Werkleistung nicht in einer Hand gelegen habe. Dies habe zur Folge, dass Einzelmaßnahmen wie etwa die Herstellung des Betonfußbodens nicht isoliert zu betrachten seien. Zwar solle nach Behauptung der Klägerin ein Auswechseln der Hahnverlängerungen weitgehend ohne Zerstörung anderer Bauteile möglich gewesen
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sein, worauf es aber nicht entscheidend ankomme. Vielmehr sei von ausschlaggebender Bedeutung, dass es sich bei der Gesamtbaumaßnahme um - im Einzelnen nicht zu trennende und daher nicht isoliert zu betrachtende - Arbeiten verschiedener Gewerke zur Herstellung eines Funktionszusammenhangs handle.
Nach dem Vortrag der Klägerin sei von der Beklagten zunächst der hinter der
Wand liegende Teil der Installation hergestellt worden, dann seien die Vorwände
errichtet worden und der Abschluss der Installation, einschließlich Anbau der
Mischbatterien und Armaturen, erfolgt. Hinzu komme der Verweis der Klägerin
darauf, dass das ausgetretene Leitungswasser sich aufgrund der Bauweise der
Sporthalle und der Nassräume hinter der Wandabdichtung und im Fußbodenaufbau verteilt habe, wodurch die Dämmung und der Gefällebeton durchfeuchtet
worden seien. Die behaupteten Undichtigkeiten hätten bereits danach zwangsläufig zur Beschädigung der darunter- oder dahinterliegenden Bauteile geführt.
Der Schaden decke sich auch dann mit dem Mangelunwert der vertraglichen
Leistung, wenn diese - wie hier - den Schutz des beschädigten Bauteils
(mit-)bezwecke. Wenn der behauptete Mangel dem Bauwerk nach dem Vortrag
der Klägerin von Anfang an angehaftet habe, habe die Versicherungsnehmerin
an den erst später eingebrachten Fußböden, Wandbekleidungen, Vormauerungen, Fliesen und Abdichtungen kein unversehrtes Eigentum erworben. Die Kosten einer Schätzung beträfen - soweit ersichtlich - nicht Beschädigungen am Rohbau, sondern offenbar später gefertigte Teile.
II.
Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher
Überprüfung nicht stand.
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1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen,
dass die Deliktsordnung nicht von der Vertragsordnung verdrängt wird und dass
grundsätzlich jede Haftung ihren eigenen Regeln folgt (vgl. Senat, Urteile vom
14. Mai 1985 - VI ZR 168/83, NJW 1985, 2420, juris Rn. 8 f.; vom 18. Januar
1983 - VI ZR 310/79, BGHZ 86, 256, juris Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. Oktober
2010 - VII ZR 172/09, NJW 2011, 594 Rn. 26; vom 27. Januar 2005 - VII ZR
158/03, BGHZ 162, 86, juris Rn. 32; vom 3. Februar 1998 - X ZR 27/96, NJW
1998, 2282, juris Rn. 9; vom 7. November 1985 - VII ZR 270/83, BGHZ 96, 221,
juris Rn. 25; vom 24. November 1976 - VIII ZR 137/75, BGHZ 67, 359, juris
Rn. 24). Dies gilt auch für die Errichtung eines Gebäudes (vgl. BGH, Urteile vom
12. Februar 1992 - VIII ZR 276/90, BGHZ 117, 183, juris Rn. 23; vom 7. November 1985 - VII ZR 270/83, BGHZ 96, 221, juris Rn. 24 f.; vom 30. Mai 1963
- VII ZR 236/61, BGHZ 39, 366, juris Rn. 6; siehe weiter Wagner, in: MüKo-BGB,
8. Aufl., § 823 Rn. 293 ff.; BeckOGK/Kober [1.1.2021], BGB § 634 Rn. 160 ff.;
Schlechtriem, ZfBR 1992, 95, 96 f.).
Deliktische Verkehrspflichten haben nicht - wie etwa die Gewährleistungspflichten - zum Inhalt, auf den Erwerb einer mangelfreien Sache gerichtete Vertragserwartungen, insbesondere Nutzungs- und Werterwartungen, zu schützen
(Nutzungs- und Äquivalenzinteresse). Sie sind vielmehr auf das Interesse gerichtet, das der Rechtsverkehr daran hat, durch die in Verkehr gegebene Sache nicht
in Eigentum oder Besitz verletzt zu werden (Integritätsinteresse). Deckt sich der
geltend gemachte Schaden mit dem Unwert, welcher der Sache wegen ihrer
Mangelhaftigkeit von Anfang an schon bei ihrem Erwerb anhaftete, dann ist er
allein auf enttäuschte Vertragserwartungen zurückzuführen, und es ist insoweit
für deliktische Schadensersatzansprüche kein Raum. Wo dagegen der Schaden
nicht mit der im Mangel verkörperten Entwertung der Sache für das Äquivalenzund Nutzungsinteresse "stoffgleich" ist, kann sich im Schaden (auch) das verletzte Integritätsinteresse des Eigentümers oder Besitzers niederschlagen; dieser
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kann dann grundsätzlich auch von der deliktischen Haftung aufgefangen werden,
selbst wenn mit dieser vertragliches Gewährleistungs- oder Ersatzrecht konkurriert (vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 2000 - VI ZR 242/99, BGHZ 146, 144
juris Rn. 10 ff.; vom 31. März 1998 - VI ZR 109/97, BGHZ 138, 230, juris Rn. 12,
20 f.; vom 14. Mai 1985 - VI ZR 168/83, NJW 1985, 2420, juris Rn. 9 f.; vom
18. Januar 1983 - VI ZR 310/79, BGHZ 86, 256, juris Rn. 9 f.; vom 18. Januar
1983 - VI ZR 270/80, NJW 1983, 812, juris Rn. 10 f.; BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 - VII ZR 172/09, NJW 2011, 594 Rn. 26; vom 27. Januar 2005 - VII ZR
158/03, BGHZ 162, 86, juris Rn. 33; vom 3. Februar 1998 - X ZR 27/96, NJW
1998, 2282, juris Rn. 17 ff.; vom 12. Februar 1992 - VIII ZR 276/90, BGHZ 117,
183, juris Rn. 20; vom 5. Juli 1978 - VIII ZR 172/77, NJW 1978, 2241, juris
Rn. 19 ff.; vom 24. November 1976 - VIII ZR 137/75, BGHZ 67, 359, juris
Rn. 26 f.).
2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann nicht angenommen
werden, dass die Klägerin eine Eigentumsverletzung, die Voraussetzung eines
Anspruchs ihrer Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte gemäß § 823 Abs. 1
BGB oder § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, nicht schlüssig dargelegt hat.
a) Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, ein deliktischer Anspruch
auf Ersatz von Kosten für den Austausch von Hahnverlängerungen bestehe
nicht, ist der rechtliche Ausgangspunkt zwar nicht zu beanstanden. Denn nach
dem Vortrag der Klägerin hatte die Beklagte diese bereits mangelhaft eingebaut.
Daher liegt hinsichtlich der Hahnverlängerungen keine Eigentumsverletzung vor
(vgl. etwa Senat, Beschluss vom 20. Mai 1986 - VI ZR 127/85, VersR 1986, 1003,
juris Rn. 2; Urteil vom 18. September 1984 - VI ZR 51/83, NJW 1985, 194, juris
Rn. 14; BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 - VII ZR 172/09, NJW 2011, 594
Rn. 26 f.; vom 27. Januar 2005 - VII ZR 158/03, BGHZ 162, 86, juris Rn. 35; vom
3. Februar 1998 - X ZR 27/96, NJW 1998, 2282, juris Rn. 22; vom 7. November
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1985 - VII ZR 270/83, BGHZ 96, 221, juris Rn. 26; vom 30. Mai 1963 - VII ZR
236/61, BGHZ 39, 366, juris Rn. 6).
Allerdings werden Kosten für den Austausch von Hahnverlängerungen mit
der Klage nicht geltend gemacht. Aus dem Tatbestand des Berufungsurteils
ergibt sich, dass die Klägerin behauptet, der von ihr erstattete Gesamtaufwand
für die Sanierung des Wasserschadens einschließlich der Kosten für die Schadensermittlung und die Gutachter habe 243.944,72 € betragen. Der Anspruch sei
auf Ersatz der aus dem Mangel resultierenden weitergehenden Schäden infolge
der Durchnässung bereits zuvor vorhandener Gebäudeteile wie Wände, Bodenplatte und Fußböden gerichtet. Da nach einem Schadensgutachten eine Wertverbesserung in Höhe von 41.382,61 € eingetreten sein könne, mache sie vorsorglich nur den Differenzbetrag geltend. Abweichendes ergibt sich nicht aus
Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils, wonach die
Klägerin ergänzend zu den wasserführenden Leitungen der Sanitäreinrichtungen
und dem Aufwand für den Austausch der Hahnverlängerungen vorgetragen
habe. Dem lässt sich schon bei isolierter Betrachtung nicht entnehmen, dass der
ergänzende Vortrag eine Schadensposition der mit der Klage geltend gemachten
Forderung betrifft. Zudem ergibt sich aus den gerichtlichen Hinweisen, auf die
das Berufungsurteil verweist, dass die Klägerin im Berufungsverfahren zur näheren Darlegung der von der Beklagten ausgeführten Arbeiten, der festgestellten
Schäden sowie der Zuordnung der Reparaturleistungen und der eigentlichen
Schadensreparatur aufgefordert worden ist. Danach hat der ergänzende Vortrag
der Klägerin zur Abgrenzung von geltend gemachten und nicht geltend gemachten Kosten gedient.
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b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es bestehe kein Anspruch auf
Ersatz von Kosten für die Beseitigung der durch austretendes Wasser verursachten Schäden an anderen Bauteilen (Bodenplatte, Wände und Fußböden), da
diese stoffgleich seien, ist rechtsfehlerhaft.
aa) "Stoffgleich" mit dem anfänglich bestehenden Mangelunwert ist der
wirtschaftliche Niederschlag des schon beim Erwerb enttäuschten Interesses.
Deshalb liegt "Stoffgleichheit" vor, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise
der Fehler von Anfang an die Gesamtsache, für deren Beeinträchtigung Schadensersatz begehrt wird, ergreift, etwa weil die Sache als Ganzes wegen des
Mangels von vornherein nicht oder nur in sehr eingeschränktem Maße zum vorgesehenen Zweck verwendbar war. Hierher gehören auch die Fälle, bei denen
eine Beseitigung des (wenn auch nur einem Teil der Sache anhaftenden) Fehlers
technisch nicht möglich ist; eine gleiche Beurteilung greift dann Platz, wenn ein
Mangel nicht in wirtschaftlich vertretbarer Weise behoben werden kann. Ist hingegen der Mangel zunächst nur auf einen Teil der Sache beschränkt und entsprechend den genannten Grundsätzen behebbar und führt er erst später zu einer Zerstörung der Sache oder zur Beschädigung anderer Teile derselben, dann
hat der von dem Fehler zunächst nicht erfasste Teil der Sache einen eigenen
Wert; der Mangelunwert deckt sich dann nicht mit dem Schaden. Für die Frage,
ob das Integritätsinteresse des Erwerbers oder nur sein Äquivalenzinteresse beeinträchtigt ist, ist es rechtlich nicht von Bedeutung, ob er den Fehler vor dem
Schadenseintritt bei normalem Lauf der Dinge entdecken konnte oder nicht; die
subjektive Erkennbarkeit ist nicht entscheidend. Wesentlich ist allerdings, dass
der Mangel - von objektiv technischer Warte aus gesehen - hätte aufgespürt werden können, und sei es auch erst bei gezielter Suche, sofern diese nicht mit einem unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit und Kosten verbunden gewesen
wäre. Nur unter letzterem Gesichtspunkt kann es für den wirtschaftlichen Stellenwert eines Mangels darauf ankommen, unter welchen Umständen ein vermuteter
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Fehler erkannt werden kann. Denn bei einem in diesem Sinne nur schwer aufzuspürenden Mangel könnte die technische oder wirtschaftliche Behebbarkeit in
Frage gestellt sein. Anfänglicher Mangelunwert und Schaden decken sich, wenn
die Fehlersuche und die Fehlerbeseitigung Kosten verursachen, die etwa dem
Wert der Gesamtsache entsprechen oder ihn sogar übersteigen (vgl. Senat, Urteil vom 24. März 1992 - VI ZR 210/91, NJW 1992, 1678, juris Rn. 12 f., 15 mwN).
Diese zunächst zur Produzentenhaftung entwickelten Grundsätze gelten entsprechend auch für die deliktische Haftung eines Werkunternehmers, wobei es
grundsätzlich keine Rolle spielt, ob - was im Streitfall unklar ist - unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen dem Unternehmer und dem Geschädigten bestehen oder bestanden.
bb) Danach kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
nicht darauf an, ob es sich bei der Neuerrichtung der Sporthalle um eine Gesamtbaumaßnahme mit Arbeiten verschiedener Gewerke zur Herstellung eines Funktionszusammenhangs handelte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist auch unerheblich, ob die behaupteten Undichtigkeiten zwangsläufig zur
Beschädigung der darunter- oder dahinterliegenden Bauteile führten. Vielmehr
ist bei der Prüfung, ob der Vortrag der Klägerin schlüssig ist, deren Behauptung
zugrunde zu legen, dass ein Auswechseln der Hahnverlängerungen weitgehend
ohne Zerstörung anderer Bauteile möglich gewesen sei. Darüber hinaus ist jedenfalls bislang nicht ersichtlich, dass die Sporthalle nicht oder nur in sehr eingeschränktem Maße verwendbar war.
cc) Die Auffassung der Revisionserwiderung, dass die Schäden an anderen Bauteilen nicht über das Deliktsrecht zu ersetzen seien, weil die Rohrverlängerungen (auch) deren Schutz gedient hätten, trifft nicht zu. Dabei kann offenbleiben, ob und inwieweit die Formulierung im ersten Leitsatz des Urteils des
Bundesgerichtshofs vom 27. Januar 2005 - VII ZR 158/03, BGHZ 162, 86, juris
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("Entsteht infolge einer vertraglichen Leistung eines Bauunternehmers oder Architekten ein Schaden am Bauwerk, besteht kein Anspruch aus § 823 Abs. 1
BGB, wenn dieser Schaden sich mit dem Mangelunwert der vertraglichen Leistung deckt. Das gilt auch dann, wenn die vertragliche Leistung den Schutz des
beschädigten Bauteils bezweckt."), das in diesem Urteil juris Rn. 36 am Ende
gebildete Beispiel und die nachfolgenden Erwägungen juris Rn. 37 sich mit den
oben genannten Abgrenzungskriterien vereinbaren lassen (vgl. insbesondere
Senat, Urteil vom 18. Januar 1983 - VI ZR 310/79, BGHZ 86, 256, juris Rn. 10:
"Unwert […] von Anfang an […] anhaftete", "nicht mit der im Mangel verkörperten
Entwertung […] ‘stoffgleich‘", juris Rn. 11; siehe weiter Senat, Beschluss vom
20. Mai 1986 - VI ZR 127/85, VersR 1986, 1003, juris Rn. 2; Urteil vom 18. September 1984 - VI ZR 51/83, NJW 1985, 194, juris Rn. 11 ff.; BGH, Urteile vom
3. Februar 1998 - X ZR 27/96, NJW 1998, 2282, juris Rn. 19, 22; vom 12. Februar
1992 - VIII ZR 276/90, BGHZ 117, 183, juris Rn. 23 [insbesondere auch zu BGH,
Urteil vom 24. Juni 1981 - VIII ZR 96/80, NJW 1981, 2248, juris Rn. 32 f.]). Zumindest kann das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Januar 2005 - VII ZR
158/03, BGHZ 162, 86 nicht so verstanden werden, dass - im hier relevanten
Zusammenhang - eine vertragliche Leistung immer schon dann - zumindest
auch - den Schutz eines anderen Bauteils bezweckt, wenn es bei nicht vertragsgemäßer Leistung beschädigt würde oder werden könnte. Denn dies ist grundsätzlich bei jeder Leistung der Fall, da alle Gebäude auf das fehlerfreie Funktionieren und Zusammenwirken ihrer Einzelteile angelegt sind. Deshalb hätten jedenfalls unter Zugrundelegung eines solch weiten Verständnisses die oben genannten Abgrenzungskriterien keine erkennbare Bedeutung und die deliktische
Haftung keinen praktischen Anwendungsbereich mehr. Danach scheidet eine Eigentumsverletzung an anderen Bauteilen der Sporthalle nicht deshalb aus, weil
die fachgerechte Ausführung und Abdichtung der Hahnverlängerungen nicht nur
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der Funktion der Wasserabgabe diente, sondern darüber hinaus auch verhindern
sollte, dass Wasser unkontrolliert in die Sporthalle eindringt.
dd) Die Erwägungen des Berufungsgerichts, dass wenn nach dem Vortrag
der Klägerin der behauptete Mangel dem Bauwerk von Anfang an angehaftet
habe, die Versicherungsnehmerin der Klägerin an den erst später eingebrachten
Fußböden, Wandbekleidungen, Vormauerungen, Fliesen und Abdichtungen kein
unversehrtes Eigentum erworben habe und dass die Kosten einer Schätzung
nicht Beschädigungen am Rohbau, sondern offenbar später gefertigte Teile beträfen, ist bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar. Denn aus dem
Tatbestand des Berufungsurteils ergibt sich das Berufungsvorbringen der Klägerin, wonach der Anspruch auf Ersatz der weitergehenden Schäden infolge der
Durchnässung bereits zuvor vorhandener Gebäudeteile (Wände, Bodenplatte
und Fußböden) gerichtet sei und dass das Gebäude bereits errichtet gewesen
sei, als die Installationen von der Beklagten eingebracht worden seien. Im Übrigen erschließt sich nicht, warum eine Eigentumsbeeinträchtigung nicht vorliegen
sollte, soweit Gebäudeteile erst nach Einbau der Hahnverlängerungen errichtet
worden sein sollen. Denn entscheidend ist allein, dass das Eigentum zunächst
unbeeinträchtigt war und erst später durch austretendes Wasser beschädigt
wurde (vgl. etwa Senat, Urteil vom 5. Mai 1981 - VI ZR 280/79, NJW 1981, 2250,
juris Rn. 8).
3. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
Insbesondere ist auf Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen der
von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht verjährt. Allerdings setzt eine Verjährung gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB (ggf. i.V.m.
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Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB) entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine Anspruchsentstehung bereits im Jahr 1999 oder früher voraus. Denn
die Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1,
§ 209 BGB, § 253 Abs. 1, § 167 ZPO begann am 31. Dezember 2012. Daher
kommt es - vorbehaltlich anderer Hemmungstatbestände - darauf an, ob der Anspruch vor Ablauf des 31. Dezember 2002 entstand. Entgegen der Auffassung
der Beklagten ist eine Rechtsgutsverletzung nicht bereits durch die Installation
der Wasserabnahmestellen durch die Beklagte im Jahr 1995 eingetreten, sondern erst durch das austretende Wasser.
III.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
BGB § 823 Abs. 1 Ac, F, L, M
Zum Umfang der deliktischen Haftung wegen fehlerhafter Werkleistung bei
Errichtung eines Gebäudes
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Der VI
Die klagende Versicherung macht Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht wegen eines Wasserschadens an einem Gebäude gegen die
Beklagte geltend.
Die Versicherungsnehmerin der Klägerin ist Eigentümerin einer Sporthalle, die sie im Jahr 1995 errichten ließ. Die dabei von der Beklagten durchgrten Installationsarbeiten im Sanitärbereich der Halle wurden am 13. April
1995 abgenommen.
Die Klägerin behauptet, im März 2009 seien in der Sporthalle Anzeichen
eines Wasserschadens im Bereich der Nassräume im Untergeschoss bemerkt
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und im Juli 2009 seien an sieben Wasserabnahmestellen Leckagen festgestellt
worden. Ursächlich für die Leckagen seien die unsachgemäße mechanische Kürzung der Hahnverlängerungen durch Absägen und die unzulässige Eindichtung
der Verbindungen durch die Beklagte gewesen. Dichtigkeit und Stabilität der Verbindungen seien nicht gewährleistet gewesen, da die Ausführung der Arbeiten
nicht den geltenden Regeln der Technik entsprochen habe. Es sei - möglicherweise von Beginn an - Leitungswasser ausgetreten, das sich hinter der Wandabdichtung sowie im Fußbodenaufbau verteilt und zu Durchfeuchtungen geführt
habe. Vorsorglich seien im Juli 2009 sämtliche Hahnverlängerungen ausgetauscht worden. Der geltend gemachte Anspruch sei auf Ersatz der aus dem
Mangel resultierenden weitergehenden Schäden infolge der Durchnässung bereits zuvor vorhandener Gebäudeteile (Wände, Bodenplatte und Fußböden) gerichtet. Da das Gebäude bereits errichtet gewesen sei, als die Installationen von
der Beklagten eingebracht worden seien, ständen die beschädigten Teile damit
in keinem unmittelbaren Funktionszusammenhang. Die Sporthalle sei trotz des
Mangels am Gewerk der Beklagten in ihrer Gesamtheit zum vorgesehenen
Zweck verwendbar gewesen. Die Schadensermittlung und Sanierung des Wasserschadens hätten Kosten in Höhe von insgesamt 243.944,72 € verursacht, die
sie ihrer Versicherungsnehmerin erstattet habe. Durch die Arbeiten könne eine
Wertverbesserung in Höhe von 41.382,61 € eingetreten sein. Vorsorglich werde
nur der Differenzbetrag (202.562,11 €) geltend gemacht.
Mit ihrer am 31. Dezember 2012 bei Gericht eingegangenen und am
11. Januar 2013 zugestellten Klage verlangt die Klägerin Schadensersatz in
Höhe von 202.562,11 € nebst Zinsen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin
hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat - soweit hier relevant - ausgeführt, Gewährleistungsansprüche seien nicht Gegenstand der Auseinandersetzung und im Übrigen verjährt.
Ein neben dem Werkvertragsrecht möglicher Schadensersatzanspruch
gemäß § 823 Abs. 1 oder § 831 BGB, der nach § 86 Abs. 1 VVG übergegangen
wäre, sei nicht schlüssig dargelegt. Ein solcher Schadensersatzanspruch wäre
zwar nicht verjährt. Ein deliktischer Anspruch bestehe jedoch nur, soweit das Integritätsinteresse des Bestellers verletzt worden sei. Das sei nicht der Fall, wenn
sich der Mangelunwert mit dem erlittenen Schaden am Eigentum decke, also
Stoffgleichheit vorliege. Die nach dem Vortrag der Klägerin von ihrer Versicherungsnehmerin erbrachten Aufwendungen in Höhe von 11.940,30 € für die eigentliche Schadensreparatur (Ersatz der mangelhaft erbrachten Leistung und der
Bauteile, die für die Mangelbehebung hätten zwingend zerstört werden müssen)
begründeten von vornherein keinen deliktischen Anspruch.
Die Klägerin habe darüber hinaus keinen Anspruch auf Ersatz der von ihr
erstatteten Kosten für die Beseitigung von Schäden, die durch den behaupteten
Wasseraustritt an anderen Bauteilen (Bodenplatte, Wände und Fußböden) verursacht worden sein sollen. Die Neuerrichtung der Sporthalle im Jahr 1995 sei
als Gesamtbaumaßnahme anzusehen, auch wenn die Erbringung der Werkleistung nicht in einer Hand gelegen habe. Dies habe zur Folge, dass Einzelmaßnahmen wie etwa die Herstellung des Betonfußbodens nicht isoliert zu betrachten seien. Zwar solle nach Behauptung der Klägerin ein Auswechseln der Hahnverlängerungen weitgehend ohne Zerstörung anderer Bauteile möglich gewesen
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sein, worauf es aber nicht entscheidend ankomme. Vielmehr sei von ausschlaggebender Bedeutung, dass es sich bei der Gesamtbaumaßnahme um - im Einzelnen nicht zu trennende und daher nicht isoliert zu betrachtende - Arbeiten verschiedener Gewerke zur Herstellung eines Funktionszusammenhangs handle.
Nach dem Vortrag der Klägerin sei von der Beklagten zunächst der hinter der
Wand liegende Teil der Installation hergestellt worden, dann seien die Vorwände
errichtet worden und der Abschluss der Installation, einschließlich Anbau der
Mischbatterien und Armaturen, erfolgt. Hinzu komme der Verweis der Klägerin
darauf, dass das ausgetretene Leitungswasser sich aufgrund der Bauweise der
Sporthalle und der Nassräume hinter der Wandabdichtung und im Fußbodenaufbau verteilt habe, wodurch die Dämmung und der Gefällebeton durchfeuchtet
worden seien. Die behaupteten Undichtigkeiten hätten bereits danach zwangsläufig zur Beschädigung der darunter- oder dahinterliegenden Bauteile geführt.
Der Schaden decke sich auch dann mit dem Mangelunwert der vertraglichen
Leistung, wenn diese - wie hier - den Schutz des beschädigten Bauteils
(mit-)bezwecke. Wenn der behauptete Mangel dem Bauwerk nach dem Vortrag
der Klägerin von Anfang an angehaftet habe, habe die Versicherungsnehmerin
an den erst später eingebrachten Fußböden, Wandbekleidungen, Vormauerungen, Fliesen und Abdichtungen kein unversehrtes Eigentum erworben. Die Kosten einer Schätzung beträfen - soweit ersichtlich - nicht Beschädigungen am Rohbau, sondern offenbar später gefertigte Teile.
II.
Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher
Überprüfung nicht stand.
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1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen,
dass die Deliktsordnung nicht von der Vertragsordnung verdrängt wird und dass
grundsätzlich jede Haftung ihren eigenen Regeln folgt (vgl. Senat, Urteile vom
14. Mai 1985 - VI ZR 168/83, NJW 1985, 2420, juris Rn. 8 f.; vom 18. Januar
1983 - VI ZR 310/79, BGHZ 86, 256, juris Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. Oktober
2010 - VII ZR 172/09, NJW 2011, 594 Rn. 26; vom 27. Januar 2005 - VII ZR
158/03, BGHZ 162, 86, juris Rn. 32; vom 3. Februar 1998 - X ZR 27/96, NJW
1998, 2282, juris Rn. 9; vom 7. November 1985 - VII ZR 270/83, BGHZ 96, 221,
juris Rn. 25; vom 24. November 1976 - VIII ZR 137/75, BGHZ 67, 359, juris
Rn. 24). Dies gilt auch für die Errichtung eines Gebäudes (vgl. BGH, Urteile vom
12. Februar 1992 - VIII ZR 276/90, BGHZ 117, 183, juris Rn. 23; vom 7. November 1985 - VII ZR 270/83, BGHZ 96, 221, juris Rn. 24 f.; vom 30. Mai 1963
- VII ZR 236/61, BGHZ 39, 366, juris Rn. 6; siehe weiter Wagner, in: MüKo-BGB,
8. Aufl., § 823 Rn. 293 ff.; BeckOGK/Kober [1.1.2021], BGB § 634 Rn. 160 ff.;
Schlechtriem, ZfBR 1992, 95, 96 f.).
Deliktische Verkehrspflichten haben nicht - wie etwa die Gewährleistungspflichten - zum Inhalt, auf den Erwerb einer mangelfreien Sache gerichtete Vertragserwartungen, insbesondere Nutzungs- und Werterwartungen, zu schützen
(Nutzungs- und Äquivalenzinteresse). Sie sind vielmehr auf das Interesse gerichtet, das der Rechtsverkehr daran hat, durch die in Verkehr gegebene Sache nicht
in Eigentum oder Besitz verletzt zu werden (Integritätsinteresse). Deckt sich der
geltend gemachte Schaden mit dem Unwert, welcher der Sache wegen ihrer
Mangelhaftigkeit von Anfang an schon bei ihrem Erwerb anhaftete, dann ist er
allein auf enttäuschte Vertragserwartungen zurückzuführen, und es ist insoweit
für deliktische Schadensersatzansprüche kein Raum. Wo dagegen der Schaden
nicht mit der im Mangel verkörperten Entwertung der Sache für das Äquivalenzund Nutzungsinteresse "stoffgleich" ist, kann sich im Schaden (auch) das verletzte Integritätsinteresse des Eigentümers oder Besitzers niederschlagen; dieser
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11
- 7 -
kann dann grundsätzlich auch von der deliktischen Haftung aufgefangen werden,
selbst wenn mit dieser vertragliches Gewährleistungs- oder Ersatzrecht konkurriert (vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 2000 - VI ZR 242/99, BGHZ 146, 144
juris Rn. 10 ff.; vom 31. März 1998 - VI ZR 109/97, BGHZ 138, 230, juris Rn. 12,
20 f.; vom 14. Mai 1985 - VI ZR 168/83, NJW 1985, 2420, juris Rn. 9 f.; vom
18. Januar 1983 - VI ZR 310/79, BGHZ 86, 256, juris Rn. 9 f.; vom 18. Januar
1983 - VI ZR 270/80, NJW 1983, 812, juris Rn. 10 f.; BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 - VII ZR 172/09, NJW 2011, 594 Rn. 26; vom 27. Januar 2005 - VII ZR
158/03, BGHZ 162, 86, juris Rn. 33; vom 3. Februar 1998 - X ZR 27/96, NJW
1998, 2282, juris Rn. 17 ff.; vom 12. Februar 1992 - VIII ZR 276/90, BGHZ 117,
183, juris Rn. 20; vom 5. Juli 1978 - VIII ZR 172/77, NJW 1978, 2241, juris
Rn. 19 ff.; vom 24. November 1976 - VIII ZR 137/75, BGHZ 67, 359, juris
Rn. 26 f.).
2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann nicht angenommen
werden, dass die Klägerin eine Eigentumsverletzung, die Voraussetzung eines
Anspruchs ihrer Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte gemäß § 823 Abs. 1
BGB oder § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, nicht schlüssig dargelegt hat.
a) Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, ein deliktischer Anspruch
auf Ersatz von Kosten für den Austausch von Hahnverlängerungen bestehe
nicht, ist der rechtliche Ausgangspunkt zwar nicht zu beanstanden. Denn nach
dem Vortrag der Klägerin hatte die Beklagte diese bereits mangelhaft eingebaut.
Daher liegt hinsichtlich der Hahnverlängerungen keine Eigentumsverletzung vor
(vgl. etwa Senat, Beschluss vom 20. Mai 1986 - VI ZR 127/85, VersR 1986, 1003,
juris Rn. 2; Urteil vom 18. September 1984 - VI ZR 51/83, NJW 1985, 194, juris
Rn. 14; BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 - VII ZR 172/09, NJW 2011, 594
Rn. 26 f.; vom 27. Januar 2005 - VII ZR 158/03, BGHZ 162, 86, juris Rn. 35; vom
3. Februar 1998 - X ZR 27/96, NJW 1998, 2282, juris Rn. 22; vom 7. November
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- 8 -
1985 - VII ZR 270/83, BGHZ 96, 221, juris Rn. 26; vom 30. Mai 1963 - VII ZR
236/61, BGHZ 39, 366, juris Rn. 6).
Allerdings werden Kosten für den Austausch von Hahnverlängerungen mit
der Klage nicht geltend gemacht. Aus dem Tatbestand des Berufungsurteils
ergibt sich, dass die Klägerin behauptet, der von ihr erstattete Gesamtaufwand
für die Sanierung des Wasserschadens einschließlich der Kosten für die Schadensermittlung und die Gutachter habe 243.944,72 € betragen. Der Anspruch sei
auf Ersatz der aus dem Mangel resultierenden weitergehenden Schäden infolge
der Durchnässung bereits zuvor vorhandener Gebäudeteile wie Wände, Bodenplatte und Fußböden gerichtet. Da nach einem Schadensgutachten eine Wertverbesserung in Höhe von 41.382,61 € eingetreten sein könne, mache sie vorsorglich nur den Differenzbetrag geltend. Abweichendes ergibt sich nicht aus
Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils, wonach die
Klägerin ergänzend zu den wasserführenden Leitungen der Sanitäreinrichtungen
und dem Aufwand für den Austausch der Hahnverlängerungen vorgetragen
habe. Dem lässt sich schon bei isolierter Betrachtung nicht entnehmen, dass der
ergänzende Vortrag eine Schadensposition der mit der Klage geltend gemachten
Forderung betrifft. Zudem ergibt sich aus den gerichtlichen Hinweisen, auf die
das Berufungsurteil verweist, dass die Klägerin im Berufungsverfahren zur näheren Darlegung der von der Beklagten ausgeführten Arbeiten, der festgestellten
Schäden sowie der Zuordnung der Reparaturleistungen und der eigentlichen
Schadensreparatur aufgefordert worden ist. Danach hat der ergänzende Vortrag
der Klägerin zur Abgrenzung von geltend gemachten und nicht geltend gemachten Kosten gedient.
14
- 9 -
b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es bestehe kein Anspruch auf
Ersatz von Kosten für die Beseitigung der durch austretendes Wasser verursachten Schäden an anderen Bauteilen (Bodenplatte, Wände und Fußböden), da
diese stoffgleich seien, ist rechtsfehlerhaft.
aa) "Stoffgleich" mit dem anfänglich bestehenden Mangelunwert ist der
wirtschaftliche Niederschlag des schon beim Erwerb enttäuschten Interesses.
Deshalb liegt "Stoffgleichheit" vor, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise
der Fehler von Anfang an die Gesamtsache, für deren Beeinträchtigung Schadensersatz begehrt wird, ergreift, etwa weil die Sache als Ganzes wegen des
Mangels von vornherein nicht oder nur in sehr eingeschränktem Maße zum vorgesehenen Zweck verwendbar war. Hierher gehören auch die Fälle, bei denen
eine Beseitigung des (wenn auch nur einem Teil der Sache anhaftenden) Fehlers
technisch nicht möglich ist; eine gleiche Beurteilung greift dann Platz, wenn ein
Mangel nicht in wirtschaftlich vertretbarer Weise behoben werden kann. Ist hingegen der Mangel zunächst nur auf einen Teil der Sache beschränkt und entsprechend den genannten Grundsätzen behebbar und führt er erst später zu einer Zerstörung der Sache oder zur Beschädigung anderer Teile derselben, dann
hat der von dem Fehler zunächst nicht erfasste Teil der Sache einen eigenen
Wert; der Mangelunwert deckt sich dann nicht mit dem Schaden. Für die Frage,
ob das Integritätsinteresse des Erwerbers oder nur sein Äquivalenzinteresse beeinträchtigt ist, ist es rechtlich nicht von Bedeutung, ob er den Fehler vor dem
Schadenseintritt bei normalem Lauf der Dinge entdecken konnte oder nicht; die
subjektive Erkennbarkeit ist nicht entscheidend. Wesentlich ist allerdings, dass
der Mangel - von objektiv technischer Warte aus gesehen - hätte aufgespürt werden können, und sei es auch erst bei gezielter Suche, sofern diese nicht mit einem unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit und Kosten verbunden gewesen
wäre. Nur unter letzterem Gesichtspunkt kann es für den wirtschaftlichen Stellenwert eines Mangels darauf ankommen, unter welchen Umständen ein vermuteter
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- 10 -
Fehler erkannt werden kann. Denn bei einem in diesem Sinne nur schwer aufzuspürenden Mangel könnte die technische oder wirtschaftliche Behebbarkeit in
Frage gestellt sein. Anfänglicher Mangelunwert und Schaden decken sich, wenn
die Fehlersuche und die Fehlerbeseitigung Kosten verursachen, die etwa dem
Wert der Gesamtsache entsprechen oder ihn sogar übersteigen (vgl. Senat, Urteil vom 24. März 1992 - VI ZR 210/91, NJW 1992, 1678, juris Rn. 12 f., 15 mwN).
Diese zunächst zur Produzentenhaftung entwickelten Grundsätze gelten entsprechend auch für die deliktische Haftung eines Werkunternehmers, wobei es
grundsätzlich keine Rolle spielt, ob - was im Streitfall unklar ist - unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen dem Unternehmer und dem Geschädigten bestehen oder bestanden.
bb) Danach kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
nicht darauf an, ob es sich bei der Neuerrichtung der Sporthalle um eine Gesamtbaumaßnahme mit Arbeiten verschiedener Gewerke zur Herstellung eines Funktionszusammenhangs handelte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist auch unerheblich, ob die behaupteten Undichtigkeiten zwangsläufig zur
Beschädigung der darunter- oder dahinterliegenden Bauteile führten. Vielmehr
ist bei der Prüfung, ob der Vortrag der Klägerin schlüssig ist, deren Behauptung
zugrunde zu legen, dass ein Auswechseln der Hahnverlängerungen weitgehend
ohne Zerstörung anderer Bauteile möglich gewesen sei. Darüber hinaus ist jedenfalls bislang nicht ersichtlich, dass die Sporthalle nicht oder nur in sehr eingeschränktem Maße verwendbar war.
cc) Die Auffassung der Revisionserwiderung, dass die Schäden an anderen Bauteilen nicht über das Deliktsrecht zu ersetzen seien, weil die Rohrverlängerungen (auch) deren Schutz gedient hätten, trifft nicht zu. Dabei kann offenbleiben, ob und inwieweit die Formulierung im ersten Leitsatz des Urteils des
Bundesgerichtshofs vom 27. Januar 2005 - VII ZR 158/03, BGHZ 162, 86, juris
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- 11 -
("Entsteht infolge einer vertraglichen Leistung eines Bauunternehmers oder Architekten ein Schaden am Bauwerk, besteht kein Anspruch aus § 823 Abs. 1
BGB, wenn dieser Schaden sich mit dem Mangelunwert der vertraglichen Leistung deckt. Das gilt auch dann, wenn die vertragliche Leistung den Schutz des
beschädigten Bauteils bezweckt."), das in diesem Urteil juris Rn. 36 am Ende
gebildete Beispiel und die nachfolgenden Erwägungen juris Rn. 37 sich mit den
oben genannten Abgrenzungskriterien vereinbaren lassen (vgl. insbesondere
Senat, Urteil vom 18. Januar 1983 - VI ZR 310/79, BGHZ 86, 256, juris Rn. 10:
"Unwert […] von Anfang an […] anhaftete", "nicht mit der im Mangel verkörperten
Entwertung […] ‘stoffgleich‘", juris Rn. 11; siehe weiter Senat, Beschluss vom
20. Mai 1986 - VI ZR 127/85, VersR 1986, 1003, juris Rn. 2; Urteil vom 18. September 1984 - VI ZR 51/83, NJW 1985, 194, juris Rn. 11 ff.; BGH, Urteile vom
3. Februar 1998 - X ZR 27/96, NJW 1998, 2282, juris Rn. 19, 22; vom 12. Februar
1992 - VIII ZR 276/90, BGHZ 117, 183, juris Rn. 23 [insbesondere auch zu BGH,
Urteil vom 24. Juni 1981 - VIII ZR 96/80, NJW 1981, 2248, juris Rn. 32 f.]). Zumindest kann das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Januar 2005 - VII ZR
158/03, BGHZ 162, 86 nicht so verstanden werden, dass - im hier relevanten
Zusammenhang - eine vertragliche Leistung immer schon dann - zumindest
auch - den Schutz eines anderen Bauteils bezweckt, wenn es bei nicht vertragsgemäßer Leistung beschädigt würde oder werden könnte. Denn dies ist grundsätzlich bei jeder Leistung der Fall, da alle Gebäude auf das fehlerfreie Funktionieren und Zusammenwirken ihrer Einzelteile angelegt sind. Deshalb hätten jedenfalls unter Zugrundelegung eines solch weiten Verständnisses die oben genannten Abgrenzungskriterien keine erkennbare Bedeutung und die deliktische
Haftung keinen praktischen Anwendungsbereich mehr. Danach scheidet eine Eigentumsverletzung an anderen Bauteilen der Sporthalle nicht deshalb aus, weil
die fachgerechte Ausführung und Abdichtung der Hahnverlängerungen nicht nur
- 12 -
der Funktion der Wasserabgabe diente, sondern darüber hinaus auch verhindern
sollte, dass Wasser unkontrolliert in die Sporthalle eindringt.
dd) Die Erwägungen des Berufungsgerichts, dass wenn nach dem Vortrag
der Klägerin der behauptete Mangel dem Bauwerk von Anfang an angehaftet
habe, die Versicherungsnehmerin der Klägerin an den erst später eingebrachten
Fußböden, Wandbekleidungen, Vormauerungen, Fliesen und Abdichtungen kein
unversehrtes Eigentum erworben habe und dass die Kosten einer Schätzung
nicht Beschädigungen am Rohbau, sondern offenbar später gefertigte Teile beträfen, ist bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar. Denn aus dem
Tatbestand des Berufungsurteils ergibt sich das Berufungsvorbringen der Klägerin, wonach der Anspruch auf Ersatz der weitergehenden Schäden infolge der
Durchnässung bereits zuvor vorhandener Gebäudeteile (Wände, Bodenplatte
und Fußböden) gerichtet sei und dass das Gebäude bereits errichtet gewesen
sei, als die Installationen von der Beklagten eingebracht worden seien. Im Übrigen erschließt sich nicht, warum eine Eigentumsbeeinträchtigung nicht vorliegen
sollte, soweit Gebäudeteile erst nach Einbau der Hahnverlängerungen errichtet
worden sein sollen. Denn entscheidend ist allein, dass das Eigentum zunächst
unbeeinträchtigt war und erst später durch austretendes Wasser beschädigt
wurde (vgl. etwa Senat, Urteil vom 5. Mai 1981 - VI ZR 280/79, NJW 1981, 2250,
juris Rn. 8).
3. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
Insbesondere ist auf Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen der
von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht verjährt. Allerdings setzt eine Verjährung gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB (ggf. i.V.m.
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- 13 -
Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB) entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine Anspruchsentstehung bereits im Jahr 1999 oder früher voraus. Denn
die Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1,
§ 209 BGB, § 253 Abs. 1, § 167 ZPO begann am 31. Dezember 2012. Daher
kommt es - vorbehaltlich anderer Hemmungstatbestände - darauf an, ob der Anspruch vor Ablauf des 31. Dezember 2002 entstand. Entgegen der Auffassung
der Beklagten ist eine Rechtsgutsverletzung nicht bereits durch die Installation
der Wasserabnahmestellen durch die Beklagte im Jahr 1995 eingetreten, sondern erst durch das austretende Wasser.
III.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1,
§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Seiters Offenloch Müller
Allgayer Linder
Vorinstanzen:
LG Stralsund, Entscheidung vom 29.10.2014 - 7 O 333/12 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 29.11.2019 - 5 U 30/15 -

Fundstelle:

Bundesgerichtshof.de



Architekt entwirft Bauvertrag


Gericht: BGH
Datum: 9.11.23
Az: VII ZR 190/22
NK:

Titelzeile:

Ein Architekt, der für den Auftraggeber eine Skontoklausel für Bauverträge entwirft, verstößt gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz











Ein Architekt, der für den Auftraggeber eine Skontoklausel für Bauverträge entwirft, verstößt gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Vorsicht mit Spekulationspreisen


Gericht: BGH
Datum: 10.Juni 2021
Az: VII ZR 157/20
NK:

Titelzeile:

VOB/B (2012) § 2 Abs. 3 Nr. 3; BGB § 313
Faktoren, die nicht Bestandteil der Berechnung des ursprünglichen Einheitspreises
sind, bleiben bei dessen Anpassung nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B (2012) unberücksichtigt.

Leitsatz:


Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten, soweit im Revisionsverfahren
noch von Interesse, die Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 235.796,44 €
nebst Zinsen aufgrund einer wegen Mindermengen geforderten Anpassung der
Vergütung.
1
- 3 -
Die Klägerin erhielt von der Beklagten mit Schreiben vom 19. Dezember
2013 unter Einbeziehung der Regelungen der VOB/B (2012) den Zuschlag für
ausgeschriebene Holzungs- und Altlastenumlagerungsarbeiten betreffend das
Bauvorhaben "B 183 Ortumfahrung Bad Liebenwerda".
Das Leistungsverzeichnis wies in Position 01.00.0001 als Leistung
"Bäume fällen ohne Roden" und einen Mengenansatz von 4.500 Stück aus. Nach
der Leistungsbeschreibung des Langtext-Leistungsverzeichnisses war das gesamte Holz dem Auftragnehmer zu seiner, der Beklagten nachzuweisenden, Verwertung zuzuführen.
Die Position 01.07.0001 wies als Leistung "Freischneiden und Roden" bei
einem Mengenansatz von 21.200 m² aus und bezog sich auf dasselbe Flurstück
wie die Position 01.00.0001. Nach der Leistungsbeschreibung des LangtextLeistungsverzeichnisses waren die Wurzelstöcke und das Räumgut ebenfalls
dem Auftragnehmer zur Verwertung zuzuführen; zur Abrechnung sollten die abfallrechtlichen Nachweise vorgelegt werden.
Das Preisangebot der Klägerin belief sich hinsichtlich der Position
01.00.0001 auf einen Einheitspreis von 0,12 € pro Baum, hinsichtlich der Position
01.07.0001 auf 0,11 € pro m².
Nachdem die Beklagte hinsichtlich einiger Positionen nachgefragt hatte,
ob die Einzelpreise auskömmlich seien, legte die Klägerin gegenüber der Beklagten ihre Urkalkulation offen. Hiernach setzte sich der Einheitspreis der Position
01.00.0001 aus den Einzelkosten der Teilleistung einschließlich Zuschlägen für
Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten und Gewinn - abzüglich
einer Gutschrift von 15 € - zusammen. Aus der Urkalkulation ergab sich weiter,
dass die Klägerin mit einem Erlös aus der Verwertung der Bäume in Höhe von
insgesamt 60 € je Baum rechnete, von dem sie den Betrag von 15 € als Gutschrift
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- 4 -
an die Beklagte weiterreichte; der Restbetrag in Höhe von 45 € pro Baum sollte
der Klägerin verbleiben.
Entsprechend gestaltete sich die Preiskalkulation für die Leistungsposition
01.07.0001. Dort rechnete die Klägerin mit einem Erlös von 20 € pro Wurzelstock,
von dem sie 5 € als Gutschrift in dem Einheitspreis berücksichtigte.
Die Klägerin führte die angebotenen Leistungen durch; diese wurden von
der Beklagten abgenommen. Auf dem Flurstück standen tatsächlich nur 1.237
Bäume.
In einem Nachtrag forderte die Klägerin von der Beklagten eine Anpassung der beiden Einheitspreise. Dabei verlangte sie hinsichtlich der Position
01.00.0001 einen neuen Einheitspreis von 126,89 €. Darin enthalten war auch
ein Ausgleich für entgangenen Verwertungserlös in Höhe von 146.835 € netto
wegen der im Vergleich zur Mengenangabe im Leistungsverzeichnis nicht vorhandenen 3.263 Bäume (3.263 fehlende Bäume x 45 €). Betreffend die Position
01.07.0001 verlangte die Klägerin unter Berücksichtigung eines Ausgleichs für
entgangenen Verwertungserlös für 3.263 Wurzelstöcke eine Anpassung des Einheitspreises auf 2,42 € netto pro Stück.
Die Beklagte hat die Klageforderung mit Ausnahme der jetzt noch streitigen Anteile des von der Klägerin zu den Positionen 01.00.0001 und 01.07.0001
geltend gemachten Ausgleichs für entgangene Verwertungserlöse anerkannt.
Die weitergehende, auf den Ausgleich der von der Klägerin erwarteten Verwertungserlöse für 3.263 Bäume und Wurzelstöcke gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung
der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
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10
- 5 -
Entscheidungsgründe:
I.
Die ohne Einschränkung eingelegte Revision ist nur teilweise, nämlich nur
hinsichtlich des vertraglichen Vergütungsanspruchs zulässig; im Übrigen ist sie
nicht statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und daher unzulässig (§ 552 Abs. 1 ZPO).
Insoweit ist die Revision auch nicht zuzulassen.
1. Die vom Berufungsgericht im Tenor ausgesprochene Zulassung der
Revision ist in den Entscheidungsgründen auf den nicht zuerkannten Teil des
vertraglichen Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von Werklohn beschränkt
worden.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des
Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teil- oder
Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine
Revision beschränken könnte. Eine wirksame Beschränkung der Zulassung der
Revision kann sich unbeschadet uneingeschränkter Zulassung im Tenor aus den
Gründen des Berufungsurteils ergeben. Hat das Berufungsgericht die Revision
wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen Teil der entschiedenen
Ansprüche von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung ergeben, dass in
der Angabe dieses Zulassungsgrunds die Beschränkung der Zulassung der
Revision auf diese Ansprüche zu sehen ist (BGH, Beschluss vom 25. Juni 2014
- VII ZR 259/13 Rn. 3 m.w.N., BauR 2015, 535).
b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht die Revision wirksam
auf den nicht zuerkannten Teil des vertraglichen Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von Werklohn beschränkt. Es hat in den Entscheidungsgründen die Revision
ausschließlich wegen der von ihm als rechtsgrundsätzlich angesehenen Frage
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- 6 -
zugelassen, ob ein "(Teil)Sondergewinn", der nicht als Bestandteil des Einheitspreises kalkuliert worden ist, jedoch untrennbar kalkulatorisch mit einem in den
Einheitspreis als Bonus einkalkulierten und aus dem gesamten "Sondergewinn"
gespeisten "(Teil)Sondergewinn" verbunden ist, bei verringerten Mengen am
Ausgleichsmechanismus des § 2 Abs. 3 VOB/B teilnimmt.
Diese Frage ist nur für den vertraglichen Anspruch auf Zahlung der Vergütung nach § 631 Abs. 1 BGB von Bedeutung, nicht hingegen für die verfolgten
Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB
und § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB.
2. Die Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Die Schadenersatzansprüche betreffen selbstständige Teile des Gesamtstreitstoffs (vgl. BGH,
Beschluss vom 25. Juni 2014 - VII ZR 259/13 Rn. 5 m.w.N., BauR 2015, 535).
Die Klägerin hätte die Revision auf den vertraglichen Anspruch auf Zahlung weiterer Vergütung beschränken können.
3. Die vorsorglich für den Fall einer beschränkten Revisionszulassung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unbegründet. Von einer Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 6
Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).
II.
Soweit die Revision zulässig ist, hat sie keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
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- 7 -
Die Klägerin habe wegen der Mindermengen keinen Anspruch auf eine
Preisanpassung gemäß § 2 Abs. 3 VOB/B. Diese Bestimmung regele den Anspruch auf Anpassung des Einheitspreises im Umfang der Auswirkung von Mehroder Mindermengen auf Kostenfaktoren, die den Einheitspreis bilden. Die Auslegung des Vertrages ergebe, dass die Klägerin den aus der Verwertung der
Bäume erwarteten Gewinn nicht als Bestandteil des Einheitspreises im Sinne von
§ 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B kalkuliert habe. Ausweislich der Urkalkulation sei der
durch die Verwertung der Bäume zu erwartende Gewinn in Höhe von 45 € pro
Baum und in Höhe von 15 € pro Wurzelstock nicht in die Berechnung des Einheitspreises eingeflossen. Dass die Klägerin den eigentlichen Gewinn mit der
Rohstoffverwertung und nicht mit dem in der Kalkulation ausgewiesenen Gewinn
mache, führe zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Denn die Gewinnerwartung aus der Verwertung der Bäume stehe in keinem synallagmatischen Gegenseitigkeitsverhältnis.
Eine andere Auslegung verstoße gegen den Wortlaut und den Sinn und
Zweck von § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B. Diese Bestimmung diene dazu, den Vertragsparteien bei Mengenabweichungen Rechtssicherheit zu verschaffen. Könnte der
Auftragnehmer bei einer Preisanpassung versteckte Sondererlöse geltend machen, würde der Auftraggeber mit Risiken belastet, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht abschätzbar seien. Dies liefe dem Sinn und Zweck des § 2
Abs. 3 Nr. 3 VOB/B zuwider.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Vertragsanpassung wegen
Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB. Ein Rückgriff hierauf komme nicht
in Betracht, da § 2 Abs. 3 VOB/B eine abschließende Regelung für die Über- wie
Unterschreitung von Massenansätzen über 10 % enthalte. Im Übrigen stelle die
Möglichkeit der Materialverwertung keine beiderseitige Geschäftsgrundlage dar.
Es betreffe allein den Risikobereich der Klägerin, ob Holz in einer bestimmten
Menge anfalle, um einen über den Werklohn hinausgehenden Sondererlös zu
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- 8 -
erwirtschaften. Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage seien
auch nicht deshalb anwendbar, weil sich aus der Urkalkulation ergeben habe,
dass die Beklagte mit einem Sondererlös außerhalb des Einheitspreises kalkuliert habe. Die Urkalkulation werde auch dann nicht zur Geschäftsgrundlage,
wenn sie dem Besteller offengelegt werde. Besondere Umstände, die eine andere Annahme rechtfertigen könnten, lägen nicht vor.
Hinsichtlich der Position 01.07.0001 seien die Preisbestandteile in
Quadratmetern angegeben worden, so dass die von der Klägerin vorgenommene
Umrechnung von Quadratmeter in Stück unzulässig sei. Hinsichtlich der ausgeschriebenen Menge in Quadratmetern liege keine Mengenminderung vor.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin
keinen - über den von der Beklagten anerkannten Betrag hinausgehenden - Anspruch auf Anpassung der Vergütung nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B (2012) hat.
aa) Nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B (2012) ist bei einer über zehn Prozent
hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung
zu erhöhen, soweit der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält. Die Erhöhung des Einheitspreises soll im Wesentlichen dem Mehrbetrag
entsprechen, der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte
Menge ergibt.
Durch die Vergütungsregelung des § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B soll der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers den Unwägbarkeiten entzogen werden, die
sich aus der unzutreffenden Einschätzung der für die Ausführung der Bauleistung
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erforderlichen Mengen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ergeben. Die Bestimmung trägt dem Risiko Rechnung, dass die Mengenschätzung im Zeitpunkt der
Ausschreibung naturgemäß ungenau sein kann und die tatsächlichen Gegebenheiten auf der Baustelle insofern nicht genau erfasst worden sein können (vgl.
BGH, Urteil vom 26. Januar 2012 - VII ZR 19/11 Rn. 18, BGHZ 192, 252). Die
aufgrund der Mengenminderung eingetretene Störung des Äquivalenzverhältnisses soll durch eine entsprechende Anpassung der Vergütung durch Neubildung
eines einheitlichen Einheitspreises für die gesamte, tatsächlich ausgeführte
Masse ausgeglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1986
- VII ZR 39/86, BauR 1987, juris Rn. 12; BeckOK VOB/B/Kandel, Stand:
31. Oktober 2020, § 2 Abs. 3 Rn. 51).
bb) Bezugsgröße für den wegen der Mengenminderung anzupassenden
Einheitspreis ist ausweislich des Wortlauts von § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B der ursprüngliche Einheitspreis (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1986
- VII ZR 39/86, BauR 1987, 217, juris Rn. 12; BeckOK VOB/B/Kandel, Stand:
31. Oktober 2020, § 2 Abs. 3 Rn. 52). Hieraus folgt, dass Faktoren, die nicht Bestandteil des ursprünglichen Einheitspreises sind, bei dessen Anpassung - unabhängig davon, wie diese im Einzelnen erfolgt - unberücksichtigt bleiben.
cc) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der in der Urkalkulation von der Klägerin prognostizierte Verwertungserlös in Höhe von 45 €
pro Baum kein Bestandteil des angebotenen Einheitspreises ist.
(1) Die Auslegung eines Vertrags ist grundsätzlich Sache des Tatrichters.
Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen
Überprüfung dahingehend, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln,
anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder die Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil
wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften
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außer Acht gelassen worden ist (ständige Rechtsprechung; vgl. BGH, Urteil vom
3. Juli 2020 - VII ZR 144/19 Rn. 21, BauR 2020, 1630 = NZBau 2020, 570).
(2) Derartige Verstöße sind dem Berufungsgericht nicht anzulasten. Das
Berufungsgericht ist auf der Grundlage einer vom Wortlaut ausgehenden, an der
beiderseitigen Interessenlage der Parteien orientierten und auch im Übrigen fehlerfreien Auslegung davon ausgegangen, dass - anders als der bei der Berechnung des Einheitspreises berücksichtigte Anteil von 15 € - die mit der Verwertung
der Bäume verbundene Erlöserwartung in Höhe von weiteren 45 € nicht Bestandteil des angebotenen Einheitspreises war. Ausweislich der der Beklagten vor dem
Zuschlag eröffneten Urkalkulation hat die Klägerin unter Berücksichtigung der
Gutschrift von 15 € einen Einheitspreis von 0,12 € als äquivalente Gegenleistung
für die Fällung eines Baumes einschließlich dessen Verwertung ohne Berücksichtigung des weiteren Verwertungserlöses (in Höhe von 45 € pro Baum) angeboten. Die Beklagte durfte daher davon ausgehen, dass - mit Ausnahme der in
den Einheitspreis eingerechneten Gutschrift - die weitere Erlöserwartung der Klägerin keinen Einfluss auf den angebotenen Einheitspreis hat.
Eine andere Auslegung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht
deswegen geboten, weil nach dem Vortrag der Klägerin entsprechend einer Verkehrssitte die Bieter im Straßenbau den eigentlichen Gewinn mit der Verwertung
der Rohstoffe machen und nicht mit dem in der Kalkulation der Einheitspreise
ausgewiesenen Gewinn. Die im Leistungsverzeichnis angegebene Menge der zu
entsorgenden Bäume mag der Beweggrund der Klägerin gewesen sei, sich an
dem Ausschreibungsverfahren zu beteiligen. Die mit dem Zuschlag erhoffte Gewinnerwartung ist indes nicht Teil des zwischen den Parteien bestehenden Äquivalenzverhältnisses geworden. Die Klägerin war zwar vertraglich verpflichtet, die
gefällten Bäume und die gerodeten Wurzelstöcke zu entfernen, um eine baureife
Fläche zu schaffen. Als Gegenleistung für diese Leistungen schuldete die Beklagte jedoch nur den in den Einheitspreisen vereinbarten Werklohn. Durch die
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Einräumung einer Verwertungsmöglichkeit an den Bäumen ist keine Verpflichtung der Beklagten begründet worden, der Klägerin die in dem Leistungsverzeichnis angegebene Anzahl der Bäume und Wurzelstöcke zur Verwertung zur
Verfügung zu stellen.
(3) Entgegen der Auffassung der Revision folgt weder allein aus der Offenlegung der Urkalkulation noch aus der Einbeziehung einer Gutschrift in Höhe von
15 € pro Baum in die Kalkulation des Einheitspreises, dass der erwartete Verwertungserlös insgesamt Bestandteil des Einheitspreises und damit Teil des Äquivalenzverhältnisses wurde. Durch die Offenlegung ist die mit der Entsorgung der
Bäume insgesamt verbundene Erlöserwartung der Klägerin nicht Gegenleistung
für die von ihr zu erbringenden Leistungen geworden. Vielmehr war aus der Urkalkulation ersichtlich, dass die Klägerin die Verwertungserlöse am Markt allein
erzielen wollte und diese jedenfalls in Höhe eines Teilbetrages von 45 € kein
Kostenfaktor des Einheitspreises sein sollten.
dd) Das Berufungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass
die Klägerin hinsichtlich der die Wurzelstöcke betreffenden Position 01.07.0001
eine Anpassung der Vergütung nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B schon deshalb nicht
verlangen kann, weil der Mengenansatz dieser Position in Quadratmetern und
nicht in Stückzahlen angegeben wurde und die Flächengröße unverändert geblieben ist.
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die
Klägerin keinen Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1, 2 BGB hat.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats kommt ein Rückgriff auf die gesetzlichen Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage wegen Mengenabweichungen im Einheitspreisvertrag grundsätzlich nicht in Betracht, soweit eine
vertragliche Regelung wie § 2 Abs. 3 VOB/B vorhanden ist. Diese Bestimmung
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enthält eine abschließende Regelung für die Über- wie Unterschreitung der Mengenansätze über 10 % hinaus, die § 313 BGB vorgeht und die nicht auf eine bestimmte prozentuale Über- wie Unterschreitung beschränkt ist (vgl. BGH, Urteil
vom 26. Januar 2012 - VII ZR 19/11 Rn. 18, BGHZ 192, 252; Beschluss vom
23. März 2011 - VII ZR 216/08 Rn. 6, BauR 2011, 1162 = NZBau 2011, 353; Urteil
vom 18. Dezember 2008 - VII ZR 201/06 Rn. 36, BauR 2009, 491 = NZBau 2009,
232).
Die Anwendung der gesetzlichen Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage kommt allenfalls ausnahmsweise in Betracht, wenn etwa die Parteien
einer Einheitspreisvereinbarung eine bestimmte Menge zugrunde gelegt haben,
diese bei Abgabe des Angebots und Erteilung des Zuschlags angegebene
Menge zur Geschäftsgrundlage geworden ist und diese wegen gravierender
Mengenabweichung und überhöhtem Einheitspreis keine Grundlage mehr für
eine Preisanpassung sein kann (BGH, Beschluss vom 23. März 2011
- VII ZR 216/08 Rn. 7 ff., BauR 2011, 1162 = NZBau 2011, 353).
bb) Derartige besondere Umstände, die hier eine Anwendung von
§ 313 BGB gestatten würden, hat der Tatrichter nicht festgestellt. Dagegen ist
revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Der Umstand allein, dass die Zahl der tatsächlich vorhandenen Bäume erheblich von der Mengenangabe in der Ausschreibung abwich, rechtfertigt nicht die Anwendung der Grundsätze über die
Störung der Geschäftsgrundlage.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Pamp Halfmeier Kartzke
Borris Brenneisen
Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 11.01.2018 - 6 O 122/16 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 25.09.2020 - 11 U 35/18 -

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Pauschalierungsklausel für Schäden bei Kartellabsprachen


Gericht: BGH
Datum: 10.2.2021
Az: KZR 63/18
NK:

Leitsatz:


Der Bundesgerichtshof hat, entschieden, dass ein an einem Kartell beteiligter Auftragnehmer durch eine insbesondere von öffentlichen Auftraggebern vielfach verwendete Schadens­pauschalierungs­klausel nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird. Der Schadens­ersatzanspruch eines Kartellgeschädigten, der ein Produkt zu einem kartellbedingt überhöhten Preis erworben hat, kann vielmehr durch eine entsprechende Klausel im Kaufvertrag grundsätzlich wirksam in Höhe eines 15 Prozent der Abrechnungssumme nicht übersteigenden Betrags pauschaliert werden.

Kläger sind die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die Beklagte befasst sich mit der Herstellung von Gleisoberbaumaterialien. Die BVG erwarb in den Jahren 2002 und 2003 von der Beklagten in sieben Fällen Weichen und Weichenteile. Den Verträgen lagen "Zusätzliche Vertragsbedingungen (ZVB)" der BVG zugrunde, die in Nr. 14 folgende Klausel enthielten: "Wenn der Auftragnehmer aus Anlass der Vergabe nachweislich eine Abrede getroffen hat, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung […] darstellt, hat er 5 v. H. der Abrechnungssumme als pauschalierten Schadensersatz an den Auftraggeber zu zahlen, es sei denn, dass ein Schaden in anderer Höhe nachgewiesen wird."

BVG verlangt Schadensersatz wegen Preis-, Quoten- und Kundenschutzabsprachen

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



§ 642 BGB Abwägungsentscheidung


Gericht: BGH
Datum: 30.1.2020
Az: VII ZR 33/19
NK:

Leitsatz:

§ 642 BGB erfordert eine Abwägungsentscheidung des Tatrichters auf der Grundlage der in § 642 Abs. 2 BGB genannten Kriterien. Dabei ist die angemessene
Entschädigung im Ausgangspunkt an den auf die unproduktiv bereitgehaltenen
Produktionsmittel entfallenden Vergütungsanteilen einschließlich der Anteile für
allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn zu orientieren.
BGH, Urteil vom 30. Januar 2020 - VII ZR 33/19 - KG Berlin
LG Berlin

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Vergütungsanpassung bei Mehrmengen


Gericht: BGH
Datum: 8.8.2019
Az: VII ZR 34/18
NK:

Leitsatz:


a) Wie die Vergütungsanpassung bei Mengenmehrungen vorzunehmen ist, wenn eine Einigung über den neuen Einheitspreis nicht zustande kommt, ist in § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht geregelt. Die Bestimmung gibt nur vor, dass bei der von den Parteien zu treffenden Vereinbarung über den neuen Preis Mehr- oder Minderkosten zu berücksichtigen sind. Die VOB/B legt die Verantwortung für die neue Preisbestimmung, durch die etwaigen Störungen des Äquivalenzverhältnisses entgegengewirkt werden soll, damit in die Hände der Vertragsparteien, die unter Berücksichtigung der geänderten Umstände einen neuen Preis aushandeln sollen.
b) Abgesehen von der in § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B vorgesehenen Einigung auf einen neuen Einheitspreis können die Vertragsparteien sowohl bei Vertragsschluss für den ungewissen Fall, dass Mengenmehrungen im Sinne dieser Bestimmung eintreten, als auch nachträglich, sobald aufgrund konkret eingetretener Mehrmengen ein neuer Einheitspreis verlangt wird, sich über einzelne Teilelemente der Preisbildung verständigen. Sie können etwa einen bestimmten Maßstab beziehungsweise einzelne Kriterien oder Faktoren festlegen, nach denen im konkreten Fall der neue Einheitspreis nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B bestimmt werden soll.
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c) Haben sich die Parteien nicht insgesamt oder im Hinblick auf einzelne Elemente der Preisbildung geeinigt, enthält der Vertrag eine Lücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu schließen ist. Dabei entspricht es der Redlichkeit und dem bestmöglichen Ausgleich der wechselseitigen Interessen, dass durch die unvorhergesehene Veränderung der auszuführenden Leistungen im von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B bestimmten Umfang keine der Vertragsparteien eine Besser- oder Schlechterstellung erfahren soll.
d) Die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien nach Treu und Glauben ergibt, dass - wenn nichts anderes vereinbart ist - für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind.
BGH, Urteil vom 8. August 2019 - VII ZR 34/18 - OLG Celle LG Hannover

Fundstelle:

www.bgh.de



HOAI Mindestsätze


Gericht: EUGH
Datum: 4.7.2019
Az: Rs. C-377/17
NK:

Leitsatz:

Mindestsatzklagen!!!???
Höchst fragwürdig bei "Untermindestsatzvereinbarung"

Orientierungssatz:

EuGH: Mindest- und Höchstsätze der HOAI europarechtswidrig (EuGH, Urt. v. 04.07.2019 – Rs. C-377/17)
Von Dr. Ralf Averhaus | Zitierangaben: Vergabeblog.de vom 08/07/2019, Nr. 41456

Der EuGH hat die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI als europarechtswidrig eingestuft. Anlass war ein von der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren. Die Kommission sah in den verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen einen Verstoß gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie und die Niederlassungsfreiheit. Dies hat der Gerichtshof nun bestätigt. Die Mindestsätze sieht der EuGH nicht als geeignet an, die Qualität von Planungsleistungen zu sichern, solange diese nicht nur von nachweislich fachlich qualifizierten und kontrollierten Architekten und Ingenieuren erbracht werden dürfen. Den Höchstsätzen steht entgegen, dass Verbraucher durch Preisempfehlungen hinreichend vor zu hohen Honoraren geschützt werden können.
AEUV, RL 2006/123 EG, HOAI
Sachverhalt
Nach der EU-Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG dürfen Mindest- und Höchstpreise nur unter engen Voraussetzungen festgesetzt oder beibehalten werden. Mit der HOAI-Novelle von 2009 hat die BRD versucht, die HOAI „europarechtsfest“ zu machen, indem sie deren Anwendungsbereich eingeschränkt hat (sog. „Inländer-HOAI“). Die EU-Kommission leitete im Jahr 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die BRD ein, da sie weiterhin der Ansicht war, dass die Honorarvorschriften der HOAI gegen Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123 sowie gegen Art. 49 AEUV verstoßen. Dem trat die BRD entgegen. Sie machte geltend, die HOAI beschränke die Niederlassungsfreiheit nicht und hilfsweise sei deren Beschränkung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt (insbesondere Sicherung der Planungsqualität und Verbraucherschutz). Außerdem gehe es nur um rein innerstaatliche Sachverhalte, die nicht im Licht der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit geprüft werden könnten. Nachdem die BRD dem folgenden Abhilfeverlangen der Kommission nicht nachkam, erhob diese Klage zum EuGH.
Die Entscheidung
Der EuGH hat entschieden, dass die BRD dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat. Ob auch ein Verstoß gegen Art. 49 AEUV vorliegt, musste der EuGH nicht mehr prüfen.
Zunächst hat der EuGH den Einwand der BRD, dass die HOAI seit der Novelle von 2009 nur noch für Inländer gilt, verworfen. Die BRD hatte argumentiert, dass Art. 15 der Richtlinie 2006/123 nicht auf rein innerstaatliche Sachverhalte, d. h. auf solche, in denen die tatsächlichen Umstände nicht über einen einzigen Mitgliedstaat der Union hinauswiesen, anwendbar sei. Dem ist der EuGH jedoch unter Verweis auf seine bisherige gegenteilige Rechtsprechung nicht gefolgt.
Sodann hat der EuGH festgestellt, dass Art. 15 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2006/123 einschlägig ist. Hiernach darf die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit nur unter drei engen Voraussetzungen von der Beachtung festgesetzter Mindest- und/oder Höchstpreise abhängig gemacht werden.
Die erste Voraussetzung hat der EuGH als erfüllt angesehen und festgestellt, dass die Mindest- und Höchstsätze der HOAI weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder – bei Gesellschaften – aufgrund des Ortes des satzungsmäßigen Sitzes darstellen. Auch im Hinblick auf die zweite Voraussetzung (Erforderlichkeit) ist der EuGH der Argumentation der BRD noch gefolgt. Mit den Mindestpreisen sollen die Ziele der Qualität der Planungsleistungen, des Verbraucherschutzes, der Bausicherheit, des Erhalts der Baukultur und des ökologischen Bauens erreicht werden. Die Höchstpreise sollen den Verbraucherschutz sicherstellen, indem sie die Transparenz der Honorare im Hinblick auf die entsprechenden Leistungen gewährleisteten und überhöhte Honorare unterbinden. Der EuGH hat diese Gründe als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt. Für die dritte Voraussetzung (Verhältnismäßigkeit) müssen drei Untervoraussetzungen erfüllt sein, die Eignung, die Erforderlichkeit und die Angemessenheit, d. h. es darf kein milderes Mittel bestehen. Diese Voraussetzungen sieht der EuGH nicht als erfüllt an. Dabei haben die Richter zwischen den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI unterschieden:
Hinsichtlich der Mindestsätze habe die BRD zwar hinreichend dargetan, dass deren Festsetzung die Gefahr eines ruinösen Preiskampfes begrenzen kann. Außerdem müsse Deutschland nicht nachweisen, dass die Abschaffung von Mindestpreisen zu einer Minderung der Qualität führt. Der BRD sei jedoch nicht der Nachweis gelungen, dass die in der HOAI vorgesehenen Mindestsätze geeignet sind, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu gewährleisten und den Verbraucherschutz sicherzustellen. Dies haben die Richter maßgeblich damit begründet, dass die Erbringung von Planungsleistungen in Deutschland nicht bestimmten Berufsständen vorbehalten ist, die einer zwingenden berufs- oder kammerrechtlichen Aufsicht unterliegen, sondern auch anderen Personen als Architekten und Ingenieuren erlaubt sei. Es passe nicht zusammen, wenn einerseits mit den Mindestsätzen das Ziel verfolgt wird, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu erhalten, während andererseits Planungsleistungen in Deutschland auch von solchen Dienstleistern erbracht werden können, die ihre entsprechende fachliche Eignung nicht nachgewiesen haben. Daher könnten die Mindestsätze nicht geeignet sein, ihr Ziel zu erreichen, solange es keine Garantien für die Qualität der den Mindestsätzen unterliegenden Leistungen gebe.
Hinsichtlich der Höchstsätze hat der EuGH zwar die Position der BRD bestätigt, dass diese zum Verbraucherschutz beitragen können, indem die Transparenz der von den Dienstleistungserbringern angebotenen Preise erhöht wird und diese daran gehindert werden, überhöhte Honorare zu fordern. Die BRD habe jedoch nicht begründet, weshalb die von der Kommission als weniger einschneidend vorgeschlagene Maßnahme, Kunden Preisorientierungen für die verschiedenen von der HOAI genannten Kategorien von Leistungen zur Verfügung zu stellen, nicht ausreichen würde, um dieses Ziel in angemessener Weise zu erreichen. Folglich könne das Erfordernis, Höchstsätze festzulegen, im Hinblick auf dieses Ziel nicht als verhältnismäßig angesehen werden.


Praxistipp
Mit dem Urteil hat der EuGH festgestellt, dass die Beibehaltung verbindlicher Honorare das Europarecht verletzt. Die Mindestsätze sind darüber gestolpert, dass der Zugang zu beruflichen Tätigkeiten, die der HOAI unterliegen, in Deutschland nicht beschränkt ist, sodass grundsätzlich jedermann solche Tätigkeiten ausüben kann. Die im deutschen Bauordnungsrecht verankerte Bauvorlageberechtigung hat in dem Verfahren keine ersichtliche Rolle gespielt und genügt dem Gerichtshof damit offenbar nicht als Garant für die Qualität der Planungsleistungen. Damit ist die Bundesregierung aufgefordert, entweder die verbindlichen Honorare, sprich die Mindest- und Höchstsätze der HOAI, aufzuheben oder aber durch andere Maßnahmen dafür zu sorgen, dass diese die Anforderungen des europäischen Rechts einhalten.
Da strengere Regelungen über den Zugang zu den betroffenen Berufen die Niederlassungsfreiheit einschränken und der EU-Kommission ein Dorn im Auge sind, bleibt wohl nur die Änderung der HOAI. Die Bundesregierung als Verordnungsgeber muss die Verpflichtung, Honorare zwischen den Mindest- und Höchstsätzen zu vereinbaren, aufheben. Im Übrigen könnte die HOAI mit ihren Leistungsbildern und Honorartabellen als Referenzrahmen erhalten werden. Die Kammern streben an, dass anstelle einer unwirksamen Honorarvereinbarung künftig die Mittelsätze gelten sollen. Die Änderung der HOAI kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Dabei sollten weitere Vorschriften auf den Prüfstand kommen. So ist es etwa an der Zeit, dass Honorarvereinbarungen nicht zwingend schriftlich bei Auftragserteilung getroffen werden müssen, um wirksam zu sein.
Auch der Gesetzgeber ist nun gefordert. Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, auf der die HOAI beruht, muss ebenfalls geändert werden. Das Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen sieht in § 1 Abs. 2 S. 1 und § 2 Abs. 2 S. 1 derzeit noch vor, dass in der Honorarordnung Mindest- und Höchstsätze festzusetzen sind. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 und § 2 Abs. 3 Nr. 1 und 2 beschränken Abweichungen hiervon auf Ausnahmefälle. § 1 Abs. 3 Nr. 3 und § 2 Abs. 3 Nr. 3 enthalten die Vermutung, dass die Mindestsätze als vereinbart gelten, soweit nicht bei Auftragserteilung etwas anderes vereinbart worden ist.
Als Folge des Urteils des EuGH ist damit zu rechnen, dass sich Architekten und Ingenieure spätestens bei einer Abschwächung der Baukonjunktur einem zunehmenden Preisdruck ausgesetzt sehen werden. Das kann gerade für kleinere und damit für zahlreiche Büros existenzbedrohend werden und zur vermehrten Bildung größerer Einheiten führen. Das genaue Kalkulieren und aktive Verhandeln angemessener Honorare wird für Auftragnehmer folglich immer wichtiger.
Für die Praxis ist besonders relevant, welche Auswirkungen das Urteil voraussichtlich auf Honorarvereinbarungen, Vergabeverfahren und Honorarprozesse haben wird:
– Wurde in einem vor dem 04.07.2019 abgeschlossenen Vertrag ein Honorar vereinbart, dass die Mindestsätze unterschreitet, so wird der Auftragnehmer nach dem Urteil des EuGH das höhere Mindestsatzhonorar voraussichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen können. Insoweit ist zweifelhaft, ob die Mindestsatzvermutung des § 7 Abs. 5 HOAI 2013 noch eingreift. Umgekehrt wird der Auftraggeber wohl keine Reduzierung des vereinbarten Honorars durchsetzen können, wenn es die Höchstsätze überschreitet.
– Honorarvereinbarungen müssen weiterhin schriftlich sowie bei Auftragserteilung abgeschlossen werden, um wirksam zu sein (§ 7 Abs. 1 HOAI 2013). Anderenfalls ist zweifelhaft, ob die Mindestsatzvermutung des § 7 Abs. 5 HOAI 2013 noch eingreift. Wenn nicht, wäre im Streitfall die taxmäßige bzw. übliche Vergütung durch einen Sachverständigen zu bestimmen. Die Höhe des Honorars ist frei vereinbar, d. h. es muss nicht mehr im Rahmen der Mindest- und Höchstsätze liegen. Neben Pauschalhonoraren und zeitaufwandsbezogenen Honoraren kann weiterhin vereinbart werden, dass das Honorar nach der HOAI zu ermitteln ist. Hierbei sind klare Vereinbarungen, insbesondere zum Honorarsatz, zu treffen. Der Vorteil ist, dass sich das HOAI-System in der Praxis bewährt hat und auch im Falle von Wiederholungs-, Änderungs- und Zusatzleistungen eine nachvollziehbare Grundlage bietet. Für Grundleistungen bei Kleinst- und Großprojekten außerhalb der Honorartafeln sowie für Besondere Leistungen und die sogenannten Beratungsleistungen in der Anlage 1 zur HOAI konnten die Honorare ohnehin schon frei vereinbart werden; insoweit ändert sich nichts.
– Das Bundeswirtschaftsministerium hat die öffentlichen Stellen in Deutschland aufgrund des Anwendungsvorrangs des Europarechts in einem Informationsschreiben vom 04.07.2019 (abrufbar im Internet unter www.bak.de/w/files/bak/03berufspraxis/hoai/informationsschreiben-hoai.pdf) angehalten, ab sofort die für europarechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI nicht mehr anzuwenden und daher bei der Vergabe öffentlicher Aufträge über Architekten- oder Ingenieurleistungen den Zuschlag auf Angebote nicht mehr aufgrund der Tatsache, dass die angebotenen Preise unterhalb der Mindestsätze oder oberhalb der Нöchstsätze der HOAI liegen, zu verweigern. Mit entsprechenden Nachprüfungsverfahren ist zu rechnen. Allerdings bleibt es dabei, dass Angebote, die sich im Ergebnis einer Einzelfallprüfung als unauskömmlich erweisen, ausgeschlossen werden können.
– Es ist zu erwarten, dass das Bundesbauministerium die Richtlinien für den Bundesbau (RBBau) demnächst auf dem Erlasswege übergangsweise dahin gehend anpassen wird, dass die Bundesbauverwaltung als öffentlicher Auftraggeber die Mindest- und Höchsthonorarsätze nicht mehr verbindlich vorgeben darf. Dementsprechend werden auch die übrigen öffentlichen Auftraggeber die Honorarregelungen in ihren Vertragsmuster für Planungs- und Überwachungsleistungen, die der HOAI unterliegen, überprüfen.
– Offen ist noch die derzeit wohl spannendste Frage, wie sich das Urteil des EuGH auf bereits anhängige Mindestsatzklagen auswirken wird. Nach Ansicht des OLG Naumburg (Urteil vom 13.04.2017 – 1 U 48/11; IBR 2017, 378; 1018; 442; NJW-RR 2017, 1231; NZBau 2017, 667) käme dem klagestattgebenden Urteil des EuGH nur ein rein feststellender Charakter und kein rückwirkender Einfluss auf zivilrechtliche Streitigkeiten zu. Es bleibe dem verurteilten Mitgliedsstaat überlassen, die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um den gerügten Verstoß aus der Welt zu räumen (Art. 260 Abs. 1 AEUV), und es gebe keine horizontale Direktwirkung von Richtlinien (unmittelbare Anwendung im Verhältnis Privater zueinander). Das Landgericht Dresden (Beschluss vom 08.02.2018 – 6 O 1751/15, IBR 2019, 384) hält sich dagegen für gebunden, die betreffende Klage ohne weiteres abzuweisen, soweit mehr als die vereinbarte Pauschale verlangt wird, sofern sich – wie nun geschehen – die nationalen Regelungen als unionsrechtswidrig erweisen sollten. Das Gericht müsse in Betracht ziehen, dass die maßgeblichen Vorschriften der HOAI unionsrechtswidrig und wegen des Vorrangs des Europäischen Rechts nicht anzuwenden sind. Auch in der Literatur hat sich hierzu noch keine einheitliche Linie gebildet; zum Teil wird differenziert, welcher genaue Ausgangsfall der Mindestsatzklage zugrunde liegt.
– Die künftige Erhebung von Mindestsatzklagen kann derzeit nicht angeraten werden und wäre jedenfalls mit einem erheblichen Risiko behaftet.

Fundstelle:

www.vergabeblog.de



Feuchtigkeits­schäden in einem in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Altbau sind sanierungspfli


Gericht: BGH
Datum: 4.5.2018
Az: V ZR 203/17
NK:

Leitsatz:


Bei gravierenden baulichen Mängeln des Gemeinschafts­eigentums ist sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Wohnungs- und Teileigentümer dazu verpflichtet sind, Feuchtigkeits­schäden im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums sanieren zu lassen.
Die Parteien bilden eine Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft. Das im Jahr 1890 errichtete Gebäude wurde im Jahr 1986 in zwölf Wohnungen und drei Teileigentumseinheiten aufgeteilt. Die Kläger sind die Eigentümer der drei Teileigentumseinheiten, die sich im Souterrain des Gebäudes befinden; sie werden in der Teilungserklärung als "Laden" bzw. "Büro" bezeichnet und derzeit als Naturheilpraxis, Künstleragentur und Kommunikationsagentur genutzt. Weil die Wände dieser Einheiten Durchfeuchtungen aufweisen, holte die Wohnungseigentümergemeinschaft im Jahr 2010 ein Gutachten eines Ingenieurbüros und im Jahr 2011 ein Gutachten eines Architekten ein. Beide Gutachten ergaben dieselben Schadensursachen, nämlich eine fehlende außenseitige Sockelabdichtung, eine fehlende Horizontalsperre und im Mauerwerk eingelagerte Salze. In der Eigentümerversammlung vom 31. März 2015 wurde der zu TOP 2a gestellte Antrag der Kläger auf Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden abgelehnt. Auch der weitere Antrag zu TOP 2b, wonach die Instandsetzung durch Einbringung einer Horizontalsperre im Mauerwerk sowie Aufbringung einer Vertikalsperre auf den erdberührten Außenwänden erfolgen soll, fand keine Mehrheit. Zu TOP 2f beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen.
Entscheidungen der Vorinstanzen
Gegen die genannten Beschlüsse zu TOP 2a, 2b und 2f wandten sich die Kläger mit der Anfechtungsklage. Zugleich beantragten sie, die Beklagten zu verurteilen, den Beschlussanträgen zu TOP 2a und 2b zuzustimmen bzw. eine gerichtliche Beschlussersetzung vorzunehmen. Das Amtsgericht wies die Klage im Wesentlichen ab. Auf die Berufung der Kläger gab ihr das Landgericht statt. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision wollten die Beklagten erreichen, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.
Sanierungbedarf ist auf fehlende Abdichtung des Gebäudes zurückzuführen und damit Aufgabe aller Wohnungseigentümer
Der Bundesgerichtshof nahm eine Sanierungspflicht der Wohnungseigentümer an und wies die Revision deshalb zurück. Der zu TOP 2a beantragte Grundlagenbeschluss über die Sanierung der Feuchtigkeitsschäden musste durch das Gericht ersetzt werden, weil die Kläger einen Anspruch auf die Sanierung des Gemeinschaftseigentums haben. Grundsätzlich muss das gemeinschaftliche Eigentum jedenfalls in einem solchen baulichen Zustand sein, dass das Sondereigentum zu dem in der Teilungserklärung vorgesehenen Zweck genutzt werden kann. Weist das Gemeinschaftseigentum gravierende bauliche Mängel auf, die die zweckentsprechende Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten erheblich beeinträchtigen oder sogar ausschließen, ist eine sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich, und einzelne Wohnungseigentümer können die Sanierung gemäß § 21 Abs. 4 WEG verlangen. Um solche Mängel geht es hier; die Innen- und Außenwände der Teileigentumseinheiten sind massiv durchfeuchtet. Die Ursache liegt in einer fehlenden Abdichtung des Gebäudes und damit im Gemeinschaftseigentum; daher ist die Sanierung (ebenso wie beispielsweise bei Mängeln des Dachs) Aufgabe aller Wohnungseigentümer. Da die Teileigentumseinheiten nach der Teilungserklärung als Büro bzw. Laden genutzt werden dürfen, müssen sie ebenso wie Wohnungen grundsätzlich dazu geeignet sein, als Aufenthaltsraum für Menschen zu dienen. Massive Durchfeuchtungen müssen die Kläger deshalb nicht hinnehmen, und zwar auch dann nicht, wenn gesundheitsschädlicher Schimmel (noch) nicht aufgetreten sein sollte. Entgegen der Auffassung der Revision wird der Sanierungsanspruch nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich um Souterraineinheiten in einem Altbau handelt.
BGH hält Sanierung für zumutbar
Die Sanierung ist den Beklagten auch zuzumuten. Ist der Erhalt der Gebäudesubstanz gefährdet, muss ohnehin saniert werden. Ist die Gebäudesubstanz nicht gefährdet, ließe sich die Sanierung allenfalls durch eine Änderung der Teilungserklärung vermeiden, indem der Nutzungszweck der betroffenen Einheiten geändert wird, hier etwa durch eine Änderung dahingehend, dass die Teileigentumseinheiten (nur) als Keller dienen. Ob Durchfeuchtungen einer als Keller dienenden Teileigentumseinheit unter Umständen hingenommen werden müssten, und ob unverhältnismäßige Kosten der Instandsetzung dazu führen können, dass die übrigen Wohnungseigentümer eine Anpassung der in der Teilungserklärung vorgesehenen Zweckbestimmung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG verlangen können, ließ der Bundesgerichtshof offen. Denn abgesehen davon, dass ein solcher Anpassungsanspruch nicht Gegenstand des Verfahrens ist, handelte es sich um einen äußerst gravierenden Eingriff in das Eigentumsrecht der betroffenen Eigentümer, die ihre Einheiten nicht mehr - wie zuvor - als Laden oder Büro nutzen könnten. Deshalb kann eine solche Anpassung der Teilungserklärung nur als ultima ratio in Ausnahmefällen und gegen Ausgleichszahlungen in Betracht gezogen werden. Von einem solchen Ausnahmefall kann hier nicht ausgegangen werden. Nach den Feststellungen des Landgerichts lässt sich die Feuchtigkeit beheben. Die von den Klägern mit 300.000 Euro bezifferten Sanierungskosten sind zwar für sich genommen hoch. Es ist aber nicht ersichtlich, dass sie völlig außer Verhältnis zu dem erzielbaren Nutzen für die Gebäudesubstanz im Allgemeinen und die drei Einheiten der Kläger im Besonderen stehen. Eine "Opfergrenze" für einzelne Wohnungseigentümer ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohnehin nicht anzuerkennen.
Gerichtliche Beschlussersetzung erfolgt auch für Anbringen einer Horizontalsperre im Mauerwerk
Die gerichtliche Beschlussersetzung musste auch im Hinblick auf den Beschlussantrag zu TOP 2b erfolgen. Auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens geht das Landgericht rechtsfehlerfrei davon aus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nur das in dem Beschlussantrag vorgesehene Sanierungsverfahren ordnungsmäßiger Verwaltung entsprach; die näheren Details bleiben einer fachgerechten Sanierungsplanung vorbehalten.
Weitere Verzögerung der Sanierung widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung
Schließlich ist auch den Beschlussanfechtungsklagen zu Recht stattgegeben worden. Den Wohnungseigentümern lagen nämlich schon im Zeitpunkt der Eigentümerversammlung zwei Privatgutachten vor, die die Schadensursache übereinstimmend benannt und Sanierungsmöglichkeiten aufgezeigt hatten. Die Schlussfolgerung des Landgerichts, es habe nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen, die Sanierungsanträge abzulehnen (TOP 2a und 2b) und stattdessen die Einholung eines weiteren Gutachtens zu beschließen (TOP 2f), lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Jedenfalls widersprach es ordnungsmäßiger Verwaltung, die erforderliche Sanierung mit den angefochtenen Beschlüssen weiter zu verzögern.
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 21 WEG:

Abs. 4: "Jeder Wohnungseigentümer kann eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht."
Abs. 5: "Zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört insbesondere:
1. [...]
2.die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Kruzifixe oder Kreuze in Klassenzimmern etc.


Gericht: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Datum: 18.3.2011
Az: 30814/06
NK:

Leitsatz:

Ein Kreuz in der Schule verstößt nicht gegen die Menschenrechtskonvention.

Fundstelle:

EGMR



Ansprüche aus § 642 BGB wegen außergewöhnlich schlechtem Wetter


Gericht: BGH
Datum: 20.4.2017
Az: VII ZR 194/13
NK:

Titelzeile:




Leitsatz:

BGB § 642
Es ist vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen keine dem Auftraggeber obliegende erforderliche Mitwirkungshandlung im Sinne des § 642 BGB, während der Dauer des Herstellungsprozesses außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das Baugrundstück in Form von Frost, Eis und Schnee, mit denen nicht gerechnet werden musste, abzuwehren.


Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Nachweis von Stundenlohnarbeiten


Gericht: BGH
Datum: 5.1.2017
Az: VII ZR 184/14
NK:

Leitsatz:

I.
Die Klägerin begehrt Werkl
ohn für Sanierungs
-
und Instandh
altungsa
r-
beiten, we
lche sie für die Beklagte, einen
Formel
1
-
Rennsta
ll, an deren Motor
-
home auf der Basis der
Auftragsbestätigung vom 25.
Juli
2006 ausführte

. Entgegen der Au
f-
fassung
des Berufungsgerichts ist
nicht erforderlich, dass die Klägerin angibt,
15
16
17
-
8
-
welche Arbeite
n sie zu welchem Zeitpunkt mit welchem Stundenaufwand e
r-
bracht haben will.
a)
Zur schlüssigen Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemesse
n-
den Vergütungsanspruchs bedarf es grundsätzlich nur der Darlegung, wie
viele
Stunden der Anspruchsteller für die V
ertragsleistung aufge
wendet hat. Es ist
regelmäßig
keine Differenzierung geschuldet, welche Arbeitsstunden für welche
Tätigkeiten und an welchen Tagen angefallen
sind (BGH, Urteil vom 17.
April
2009
-
VII
ZR
164/07, BGHZ 180, 235
Rn.
33 f.
; Urteil vom 28.
Mai
2009
-
VII
ZR
74/06, BauR 2009, 1291
Rn.
1
3 f.
= NZBau 2009, 504
). Dem ist die Kl
ä-
gerin mit der Angabe der erbrachten Stunden gerecht
geworden. Es bedarf
auch
nich
t der Vorlage von Stundennachweisen oder sonstigen Belegen zum
Umfang der erbrachten Täti
gkeiten.
b) Mit der Angabe der ausgeführten Arbei
ten und Abrechnung zu
den
hierfür
vereinbarten Vergütung
en
genügt die Klägerin auch in Bezug auf die
sogenannten Einrichtungsgegenstände und Dekor
stoffe den
Substantiierung
s-
anforderung
en
. Eine zeitliche Z
uordnung ist auch hier nicht
erforderlich
und
kann entgegen der Auffa
ssung des Berufungsgerichts
nicht mit Gesichtspun
k-
ten der sekundären Darlegungslast wegen der beklagtenseits erhobenen Ve
r-
jährungseinrede begründet werden.

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Angemessene Entschädigung (§ 642 BGB)


Gericht: BGH
Datum: 26.10.2017
Az: VII ZR 16/17
NK:

Leitsatz:

642 BGB
gewährt dem Unternehmer eine angemessene Entschädigung
dafür, dass er während der Dauer des Annahmeverzugs des Bestellers infolge
Unterlassens einer diesem obliegenden Mitwirkungshandlung Personal, Geräte
und Kapital, also die Produktionsmittel zur Herste
llung der Werkleistung,
bereithält.
b)
Mehrkosten wie gestiegene Lohn
-
und Materialkosten, die zwar aufgrund des
Annahmeverzugs des Bestellers, aber erst nach dessen Beendigung anfallen,
nämlich bei Ausführung der verschobenen Werkleistung, sind vom
Entsch
ädigungsanspruch nach §
642
BGB nicht erfasst.
BGH, Versäumnisurteil vom 26. Oktober 2017

-KG Berlin, Entscheidung vom 10.01.2017
-
21 U 14/16
-


Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Anspruch aus § 642 BGB


Gericht: KG
Datum: 10.1.2017
Az: 21 U 14/16
NK:

Leitsatz:

1. Der Kündigungstatbestand des § 6 Abs. 7 VOB/B benachteiligt den Unternehmer nicht unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 BGB. Diese Bestimmung ist somit auch dann wirksam, wenn die VOB/B nicht als Ganzes in einen Bauvertrag einbezogen sind.

2. Einem Unternehmer steht eine Entschädigung gemäß § 642 BGB zu, wenn ihm durch den Annahmeverzug des Bestellers ein Vermögensnachteil entstanden ist. Hat der Unternehmer dies dargelegt, ist eine weitergehende "bauablaufbezogene Darstellung" der Bauarbeiten zur Anspruchsbegründung nicht erforderlich.

3. Bemessungsgrundlage der Entschädigung nach § 642 BGB sind die dem Unternehmer entstandenen verzögerungsbedingten Mehrkosten. Diese Kosten sind um einen Deckungsbeitrag für die Allgemeinen Geschäftskosten und einen Gewinnanteil zu erhöhen, soweit solche Zuschläge in der vereinbarten Vergütung enthalten waren (Abweichung von BGH, Urteil vom 21.10.1999, VII ZR 185/98, BGHZ 143, 32).

4. Die für die Ermittlung der Entschädigung maßgeblichen Preisbestandteile sind gemäß § 642 Abs. 2 BGB anhand der vereinbarten Vergütung zu ermitteln. Ausgangspunkt kann eine vom Unternehmer vorgelegte Kalkulation sein. Soweit diese nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht - insbesondere weil sie in der Vergütung enthaltene Deckungsbeiträge und Gewinnanteile ausweist, die in Anbetracht des tatsächlichen Aufwands der Vertragsdurchführung nicht realistisch sind - ist sie in einem Rechtsstreit entsprechend zu korrigieren. Für die insoweit erforderlichen Feststellungen des Gerichts gilt § 287 Abs. 1 ZPO.

Tenor



Schlußrechnung ist Fertigstellungsmitteilung


Gericht: BGH
Datum:
Az: VII ZR 334/87
NK:

Leitsatz:

siehe Haupttitel

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Abnahme spätestens in der Frist des § 12 Nr.5 Abs.1 VOB/B


Gericht: BGH
Datum:
Az: VII ZR 82/88
NK:

Leitsatz:

Abnahme spätestens innerhalb von 12 Werktagen nach Eingang der Schlußrechnung beim Architekten

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de

weitere Fundstellen:

BGHZ 55,354,356
BGH VII ZR 109/79 = BauR 1980,357



Keine Einwendungen gegen Prüfbarkeit


Gericht: BGH
Datum: 8.12.2005
Az: VII ZR 50/04
NK:

Leitsatz:

Hat der AG eines Vertrages,in dem die VOB/B vereinbart worden ist, nicht binnen 2 Monaten nach Zugang der Schlußrechnung Einwendungen gegen deren Prüfbatkeit erhoben, wird der Werklohn auch dann fällig, wenn die Rechnung objektiv nicht prüfbar ist. Es findet die Sachprüfung statt, ob die Forderung berechtigt ist. Bei ausreichender Grundlage kann der Werklohn gemäß § 287 ZPO geschätzt werden (im Anschluss an BGH 23.9.2004 VII ZR 173/03)

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Verjährung von Mängelansprüchen (Photovoltaik auf Dach)


Gericht: BGH
Datum: 2.6.2016
Az: VII ZR 348/13
NK:

Leitsatz:

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine auf dem Dach einer Tennishalle nachträglich errichtete Photovoltaikanlage, die mit der Halle fest verbunden ist, der Funktion der Halle dient und deshalb die für Arbeiten "bei Bauwerken" geltende lange Verjährungsfrist für Nacherfüllungsansprüche von fünf Jahren, § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB*, Anwendung findet.




Orientierungssatz:

Die Klägerin betreibt auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück eine Tennishalle. Sie beauftragte 2004 die Beklagte mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle.

Die Photovoltaikanlage besteht unter anderem aus 335 gerahmten Modulen. Jedes Modul ist 1237 mm lang, 1082 mm breit, 38 mm hoch und hat ein Gewicht von 18 kg. Um die Module auf dem Dach anzubringen, errichtete die Beklagte eine Unterkonstruktion, die mit dem Dach fest verbunden wurde. Unterkonstruktion und Module waren so anzubringen, dass die Statik des Dachs durch das Eigengewicht der Anlage nicht beeinträchtigt wird und die Anlage sturmsicher ist. Zudem mussten die Montageelemente dauerhaft regendicht in die bestehende Dachdeckung eingefügt sein. Die Beklagte verkabelte die Module mit insgesamt ca. 500 m Kabeln, unter anderem um die Module mit im Innern der Halle angebrachten Wechselrichtern zu verbinden. Hierfür legte die Beklagte Kabelkanäle in das Innere der Halle. Die dafür notwendige Durchdringung des Dachs bzw. der Gebäudeaußenhaut musste dauerhaft witterungsbeständig und dicht sein. Von den Wechselrichtern legte die Beklagte Stromleitungen zu einem außerhalb der Halle befindlichen Zählerverteilungskasten. Hierfür waren Grabungsarbeiten in erheblichem Umfang notwendig. Ebenfalls im Innern der Halle errichtete die Beklagte eine Kontroll- und Steuerungsanlage, die sie mit den Wechselrichtern und den Modulen verkabelte und programmierte.

Die Klägerin rügt die zu geringe Leistung der Anlage und verlangt eine Minderung um 25 % der Nettovergütung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag insbesondere mit dem Einwand weiter, der Anspruch der Klägerin auf Nacherfüllung sei verjährt, da die für Arbeiten bei Bauwerken geltende lange Verjährungsfrist von fünf Jahren keine Anwendung finde.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen, weil für den Nacherfüllungsanspruch der Klägerin die lange Verjährungsfrist von fünf Jahren Anwendung findet.

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Subunternehmer ohne Anspruch gegenüber HU der vom BH alles erhalten hat


Gericht: BGH
Datum: 28.1.2016
Az: VII ZR 266/14
NK:

Leitsatz:

BGB § 249 A, Bb, § 634 Nr. 3, 4, § 638
a)
Der Schaden
des Architekten wegen eines sich im Bauwerk seines Auftra
g
gebers
bereits verkörperten Planungsmangels des vom Architekten beauftragten Fac
h-
planers liegt darin, dass dem Auftraggeber gegen den Architekten aufgrund des
Planungsmangels Schadensersatzansprüch
e zustehen. Von diesen Ansprüchen
hat ihn der Fachplaner im Wege des Schadense
r
satzes freizustellen.
b)
Die eine Sekundärhaftung des Architekten gegenüber seinem Auftraggeber b
e-
gründende Pflichtverletzung bildet einen selbständigen Haftungsgrund in diesem
Vertragsverhältnis, den sich der vom Architekten beauftragte Fachplaner nicht z
u-
rechnen lassen muss.
c)
Das Recht des Architekten, den Honoraranspruch des von ihm beauftragten
Fachplaners wegen Mängeln der von diesem erbrachten Planungsleistung zu
mindern
, wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass er sein Honorar von seinem
Auftraggeber vollständig erhalten hat.


Orientierungssatz:

aber Vorsicht: BGH VII ZR 75/11

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Entgelt für Schwarzarbeit wird auch bei Mängeln nicht zurückgezahlt


Gericht: BGH
Datum: 11.6.2015
Az: VII ZR 216/14
NK:

Leitsatz:


Der u.a. für das Bauvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat hat am 11. Juni 2015 entschieden, dass dann, wenn ein Werkvertrag wegen Verstoßes gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG* vom 23. Juli 2004 nichtig ist, dem Besteller, der den Werklohn bereits gezahlt hat, gegen den Unternehmer auch dann kein Rückzahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung zusteht, wenn die Werkleistung mangelhaft ist.

Der Kläger beauftragte den Beklagten 2007 mit der Ausführung von Dachausbauarbeiten. Vereinbart wurde ein Werklohn von 10.000 € ohne Umsatzsteuer. Der Beklagte führte die Arbeiten aus und stellte eine Rechnung ohne Steuerausweis. Der Kläger zahlte den geforderten Betrag. Mit der Klage begehrt er jetzt Rückzahlung von 8.300 € wegen Mängeln der Werkleistung.

Das Oberlandesgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat bewusst gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen, indem er mit dem Kläger, der dies auch zu seinem Vorteil ausgenutzt hat, vereinbart, dass für den Werklohn keine Rechnung mit Steuerausweis gestellt und keine Umsatzsteuer gezahlt werden sollte.

Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass in solchen Fällen weder Mängelansprüche des Bestellers noch Zahlungsansprüche des Werkunternehmers bestehen (BGH, Urteile vom 1. August 2013 – VII ZR 6/13 und vom 10. April 2014 – VII ZR 241/13, vgl. Pressemitteilungen vom 1. August 2013 und vom 10. April 2014).

Dem Kläger (Besteller) steht auch kein Anspruch auf Ausgleich der Bereicherung des Beklagten (Unternehmers) zu, die darin besteht, dass er für die mangelhafte Werkleistung zu viel bezahlt hat. Zwar kann ein Besteller, der aufgrund eines nichtigen Vertrags Leistungen erbracht hat, von dem Unternehmer grundsätzlich die Herausgabe dieser Leistungen verlangen. Dies gilt jedoch gem. § 817 Satz 2 BGB** nicht, wenn der Besteller mit seiner Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Das ist hier der Fall. Entsprechend der Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, die Schwarzarbeit zu verhindern, verstößt nicht nur die vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistung, somit auch die Zahlung.

Der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB stehen die Grundsätze von Treu und Glauben nicht entgegen. Die Durchsetzung der vom Gesetzgeber mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verfolgten Ziele, die Schwarzarbeit effektiv einzudämmen, erfordert eine strikte Anwendung dieser Vorschrift. Insoweit ist eine andere Sicht geboten, als sie vom Senat noch zum Bereicherungsanspruch nach einer Schwarzarbeiterleistung vertreten wurde, die nach der alten Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zu beurteilen war (BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 – VII ZR 336/89).

LG Verden – Urteil vom 14. März 2014 – 8 O 3/11

OLG Celle – Urteil vom 28. August 2014 – 6 U 49/14

Karlsruhe, den 15. Juni 2015

*§ 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz

Schwarzarbeit leistet, wer Dienst-oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei als Steuerpflichtiger seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt.

**§ 817 BGB

War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht mehr zurückgefordert werden.

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Wagnis und Gewinn bei § 649 BGB


Gericht: OLG München
Datum: 26.2.2013
Az: 9 U 2340/11
NK:

Leitsatz:

................
..................
.................
4.Wagnis steht dem Gewinn gleich und kann nicht erspart werden (entgegen BGH 30.10.1997 VII ZR 222/96)

Fundstelle:

BauR 2013, 1316



Zuschlag auf falsch kalkuliertes Angebot durch öff. Hand


Gericht: BGH
Datum: 11.11.2014
Az: X ZR 32/14
NK:

Titelzeile:




Leitsatz:

Ein Bieter, dem ein erheblicher Kalkulationsirrtum unterlaufen ist, darf von der öff. Hand nicht zur Ausführung eines Auftrags gezwungen werden

(Bemerkenswert an dem Urteil ist, dass die Betonung so auf "öff.Hand" liegt, obwohl § 241 II BGB, auf den sich der BGH beruft, für alle gilt! Beachte: Urteil wurde nicht vom Bausenat erlassen)

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Schwarzarbeit


Gericht: BGH
Datum: 10. April 2014
Az: VII ZR 241/13
NK:

Leitsatz:

Ist ein Werkvertrag wegen Verstoßes gegen § 1 Abs.2 Nr.
2 SchwarzArbG vom
23.Juli 2004
nichtig, steht dem Unternehmer für erbrachte Bauleistungen ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Wertersatz
gegen den Besteller nicht zu.



Fundstelle:

Bundesgerichtshof.de



Schuldübernahme


Gericht: BGH
Datum: 12.4.2012
Az: VII ZR 13/11
NK:

Leitsatz:

Allein das Ausstellen einer Rechnung auf einen am Werk Vertrag nicht beteiligten Dritten und deren Begleichung durch diesen stellt keine Schuldübernahme nach § 414 BGB durch den dritten dar. Wegen der für den Gläubiger nachteiligen Folgen einer befreienden Schuldübernahme sind an eine solche Erklärung strenge Anforderungen zu stellen.

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Arbeitsverweigerung und Nachtrag


Gericht: BGH
Datum: 14.3.2013
Az: VII ZR 208/11
NK: Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen

Leitsatz:

BGB §§ 164, 273 BGB, VOB/B § 8 Nr. 3 Abs. 2
1. Die unberechtigte Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags und das Unterbleiben einer Fortsetzung binnen einer angemessenen Frist können als schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht einen wichtigen Grund zur Kündigung des Bauvertrags darstellen.*)
2. Die Einstellung der Arbeiten ist jedenfalls dann unberechtigt, wenn die Nachtragsforderung dem Grunde nach unberechtigt ist, wenn der Auftragnehmer die Nachtragsforderung dem Auftraggeber nicht prüfbar dargelegt hat, wenn die dem Auftraggeber zuzugestehende Prüfungsfrist noch nicht verstrichen ist und soweit sie sich auf die nach dem ursprünglichen Vertrag geschuldete Bauleistung bezieht, wenn diese von der Äußerung nicht betroffen und unabhängig von dieser ausführbar ist.*)
3. Ein Architekt, der nach dem Bauvertrag über eine "originäre Architektenvollmacht" verfügt, kann dazu befugt sein, im Namen des Auftraggebers Fristen zu setzen und für den Fall des Fristablaufs die Kündigung anzudrohen.*)
4. Der Mehrkostenerstattungsanspruch des Auftraggebers nach § 8 Nr. 3 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 VOB/B ist im Ausgangspunkt auf die dem Auftraggeber tatsächlich entstandenen Mehrkosten gerichtet. Der Einwand des von der Kündigung betroffenen Auftragnehmers, der Auftraggeber habe einen unnötig teuren Unternehmer für die Fertigstellung ausgewählt, ist nach § 254 Abs. 2 BGB zu würdigen mit der Folge, dass den Auftragnehmer insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft.*)
OLG Frankfurt, Urteil vom 21.09.2011 - 1 U 154/10




Fundstelle:

bundesgerichtshof.de



BauFordSiG


Gericht: BGH
Datum: 24.1.2013
Az: VII ZR 47/11
NK:

Leitsatz:

a) Das Bauforderungssicherungsgesetz in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung ist anwendbar, wenn die pflichtwidrige Tathandlung nach dem 31. Dezember 2008 erfolgt.
b) Der Begriff der Herstellung oder des Umbaus eines Baues im Sinne von § 1 BauFordSiG ist nicht auf Gebäude beschränkt, sondern mit der Herstellung oder dem Umbau eines Bauwerks gleichbedeutend.


Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



GSB-BauFordSiG


Gericht: BGH
Datum: 20.12.2012
Az: VII ZR 187/11
NK:

Leitsatz:

Baugeldverwendungspflicht gibt es nicht auf bewilligte aber nicht abgerufene Darlehensbeträge

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Abnahme - überflüssig!


Gericht: OLG München
Datum: 29.2.2012
Az: 27 U 3945/11
NK:

Leitsatz:

Nach einer Kündigung nach § 648a Abs. 5 BGB wird der Werklohnanspruch des Auftragnehmers auch ohne Abnahme fällig.

Fundstelle:

google-anfrage "olg münchen 27 U*



Beweissicherung und Werklohnverjährung


Gericht: BGH
Datum: 9. Februar 2012
Az: VII Z R 135/2011
NK:

Leitsatz:



Verjährung des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB wird gehemmt , wenn der Auftragnehmer zur Aufklärung von Werkmängeln ein selbstständiges Beweisverfahren einleitet, um die Abnahmereife seiner Werkleistungen und die tatsächlichen Voraussetzungen für die Fälligkeit seines Vergütungsanspruchs nachweisen zu können.

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof,de



Gültigkeit der VOB gegenüber Verbrauchern


Gericht: BGH
Datum: 24.07.2008
Az: VII ZR 55/07
NK:

Titelzeile:





Leitsatz:

BGH
24.07.2008
VII ZR 55/07
Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechtsverstößen: Empfehlung der VOB Teil B; Inhaltskontrolle der Klauseln der VOB Teil B bei Verwendung gegenüber Verbrauchern

Leitsatz
1. Der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss empfiehlt die VOB Teil B im Sinne von § 1 UKlaG. Die Empfehlung enthält keine Einschränkung hinsichtlich der Verwendung gegenüber Verbrauchern (Rn.13)(Rn.15)(Rn.19).

2a. Wird die VOB Teil B gegenüber Verbrauchern verwendet, unterliegen ihre einzelnen Klauseln auch dann einer Inhaltskontrolle, wenn sie als Ganzes vereinbart ist (Rn.24)(Rn.28).

2b. Klauseln, die gemäß § 308 Nr. 5 und § 309 Nr. 8 Buchst b DBuchst ff BGB den zwingenden Klauselverboten entzogen sind, können gemäß § 307 BGB unwirksam sein (Rn.38)(Rn.39).

Fundstelle:

juris



VOB/B § 2 Nr. 3; BGB § 313


Gericht: BGH, Beschluss
Datum: 23. März 2011
Az: VII ZR 216/08
NK: VOB/B § 2 Nr. 3; BGB § 313

Leitsatz:

a) Ein Rückgriff auf die gesetzlichen Regelungen zum Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt grundsätzlich nicht in Betracht, soweit eine vertragliche Regelung wie § 2 Nr. 3 VOB/B vorliegt.
b) Die Anwendung der gesetzlichen Regelungen zum Wegfall der Geschäftsgrundlage ist jedoch möglich, wenn die Parteien einer Einheitspreisvereinbarung ausnahmsweise eine bestimmte Menge zugrundegelegt haben und diese Menge überschritten wird.



Fundstelle:

juris



HOAI und Unterschreitung der Honorarsätze


Gericht: BGH
Datum: 27.10.2011
Az: VII ZR 163/10
NK: Normen: § 4 Abs 2 aF AIHonO, § 242 BGB

Leitsatz:


1. Ein Ausnahmefall in Form enger wirtschaftlicher Beziehung kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass ein Ingenieur als Nachunternehmer über längere Zeit eine Vielzahl von Aufträgen zu einem unter dem Mindestsatz liegenden Pauschalhonorar ausführt.


2. Einem Ingenieur kann es in Ausnahmefällen nach Treu und Glauben untersagt sein, nach Mindestsätzen abzurechnen, wenn er durch sein Verhalten ein besonderes Vertrauen des Auftraggebers dahin erweckt hat, er werde sich an die unter dem Mindestsatz liegende Pauschalvereinbarung halten.


Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Vertragskündigung-Mangelbeseitigung


Gericht: BGH
Datum: 21.12.2000
Az: VII ZR 488/99
NK:

Leitsatz:

Der Architekt bleibt auch nach einer Kündigung grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, Mängel seiner bis zur Kündigung erbrachten Planung nachzubessern.



Orientierungssatz:

Orientierungssatz
Zitierung: Festhaltung BGH, 25. Juni 1987, VII ZR 251/86, BauR 1987, 689.


Fundstelle:

juris



Lieferung eines mangelhaften Materials - Aus- und Einbaukosten?


Gericht: EUGH
Datum: 16.6.2011
Az: C-87/09
NK:

Leitsatz:


GERICHTSHOF
Tenor
1. Art. 3 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass, wenn der vertragsgemäße Zustand eines vertragswidrigen Verbrauchsguts, das vor Auftreten des Mangels vom Verbraucher gutgläubig gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck eingebaut wurde, durch Ersatzlieferung hergestellt wird, der Verkäufer verpflichtet ist, entweder selbst den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind. Diese Verpflichtung des Verkäufers besteht unabhängig davon, ob er sich im Kaufvertrag verpflichtet hatte, das ursprünglich gekaufte Verbrauchsgut einzubauen.
2. Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass er ausschließt, dass eine nationale gesetzliche Regelung dem Verkäufer das Recht gewährt, die Ersatzlieferung für ein vertragswidriges Verbrauchsgut als einzig mögliche Art der Abhilfe zu verweigern, weil sie ihm wegen der Verpflichtung, den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in diese Sache vorzunehmen, Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut hätte, wenn es vertragsgemäß wäre, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit unverhältnismäßig wären. Art. 3 Abs. 3 schließt jedoch nicht aus, dass der Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Verbrauchsguts und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in einem solchen Fall auf die Übernahme eines angemessenen Betrags durch den Verkäufer beschränkt wird.


Fundstelle:

www.eugh



Aufrechnungsverbot


Gericht: BGH
Datum: 7. April 2011
Az: VII ZR 209/07
NK:

Leitsatz:

Die von einem Architekten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Archi-tektenvertrages verwandte Klausel
"Eine Aufrechnung gegen den Honoraranspruch ist nur mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten For-derung zulässig"
ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam.


Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Detailbeschreibung in funktionaler Ausschreibung


Gericht: BGH
Datum: 30.6.2011
Az: VII ZR 13/10
NK:

Leitsatz:

BGB §§ 133 B, 157 Ge, 313; VOB/B (2002) § 2 Nr. 7 Abs. 1
a) Inwieweit eine detaillierte Angabe im Leistungsverzeichnis einer funktionalen Ausschrei-bung (hier: Abbruch einer Klinik) dazu führt, dass sie die Pauschalierung der Vergütung begrenzt, ergibt die Auslegung des Vertrages. Die Auslegung kann auch ergeben, dass die detaillierte Angabe lediglich die Geschäftsgrundlage des Vertrages beschreibt.
b) Beschreibt der Auftraggeber in einem Pauschalvertrag Mengen oder die Mengen beein-flussende Faktoren (hier: Estrichstärke in einer Zulageposition), können diese zur Ge-schäftsgrundlage des Vertrages erhoben worden sein. Das kann insbesondere dann an-genommen werden, wenn der Auftragnehmer davon ausgehen durfte, der Auftraggeber habe eine gewisse Gewähr für eine verlässliche Kalkulationsgrundlage geben wollen.
c) In diesem Fall kommt ein Ausgleichsanspruch nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B in Betracht, wenn sich eine deutliche Mengensteigerung ergibt. Wirken sich die von den irreführenden Angaben des Auftraggebers im Vertrag abweichenden Mengen derart auf die Vergütung aus, dass das finanzielle Gesamtergebnis des Vertrages nicht nur den zu erwartenden Gewinn des Auftragnehmers aufzehrt, sondern auch zu Verlusten führt, ist das Festhalten an der Preisvereinbarung häufig nicht mehr zumutbar. Auf eine starre Risikogrenze von 20 % der Gesamtvergütung kann nicht abgestellt werden.


Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Prüfungsverpflichtung eines Installateurs


Gericht: BGH
Datum: 30. Juni 2011
Az: VII ZR 109/10
NK:

Leitsatz:

BGB §§ 633, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1
Ein Installateur, der den Auftrag hat, eine Hausleitung an eine Grundleitung mit Rückstausicherung anzuschließen, muss prüfen, ob die von ihm ausgewählte Grundleitung eine solche Sicherung hat.



Fundstelle:

www.Bundesgerichtshof.de



AGB 10% Vertragserfüllungsbürgschaft und 90% Abschlagszahlungen


Gericht: BGH
Datum: 9.12.2010
Az: VII ZR 7/10
NK:

Leitsatz:

der Bundesgerichtshof hat mit obigem Urteil entschieden, dass die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltene Klausel, dass der Auftragsnehmer zur Sicherung der vertragsgemäßen Ausführung der Werkleistungen eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme zu stellen hat, unwirksam ist, wenn der Vertrag zugleich vorsieht, dass der Auftraggeber lediglich 90 % der gestellten Abschlagsrechnungen auszugleichen hat.

Fundstelle:

juris



Verlängerung der Zuschlagsfrist - Mehrkosten


Gericht: BGH
Datum: 25.11.2010
Az: VII ZR 201/08
NK:

Leitsatz:

Der BGH hat seine bisherige Rechtsprechung zum Risiko von Zeitverzögerungen aufgrund von Nachprüfungsverfahren in einem öffentlichen Vergabeverfahren bestätigt. Dieser Linie, wonach der öffentliche Auftraggeber das Verzögerungsrisiko bei Vergaben trägt und hierdurch Mehrvergütungsansprüchen des beauftragten Bieters ausgesetzt sein kann, folgt der BGH auch in seiner Grundsatzentscheidung vom 11. Mai 2009 (Az.: VII ZR 11/08) sowie in einer weiteren Entscheidung vom 22. Juli 2010 (Az.: VII ZR 213/08.

Fundstelle:

juris



Unberechtigte Mängelrüge - wer trägt die Kosten des Verfahrens?


Gericht: LG Essen
Datum: 27.4.2010
Az: 12 O 393/08
NK:

Leitsatz:

Der Hauptunternehmer kann eine Mängelrüge eines Bauherrn nicht ungeprüft übernehmen, sondern er hat hinsichtlich seines Subunternehmers die vertragliche Nebenverpflichtung, diese Mängelrüge auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, und er macht sich gegenüber seinem Subunternehmer schadenersatzpflichtig, wenn die Mängelrüge unberechtigt war. Der Schadenersatzanspruch umfasst den Aufwand des Subunternehmers durch die Nachprüfung betreffend die behaupteten Mängel.

Fundstelle:

Baurecht 2010, 1603



Fax-Ankunft


Gericht: OLG FfM
Datum: 5.3.2010
Az: 19 U 213/09
NK:

Leitsatz:

Trägt der Versender eines Faxschreibens unter Bezugnahme auf den "OK-Vermerk" des Sendeberichts substantiiert zum Zugang (§ 130 BGB) des Schreibens vor, so trägt der Empfänger eine sekundäre Darlegungslast dahingehend, welches Gerät er an der Gegenstelle betreibt, ob die Verbindung im Speicher des Geräts enthalten ist, ob und auf welche Weise er eine Dokumentation des Empfangsjournals führt etc.

Fundstelle:

juris Praxis Report 8+9/2010



Antrag nach § 494a ZPO


Gericht: BGH
Datum: 14.1.2010
Az: VII ZB 56/07
NK:

Leitsatz:

Ein Antragsgegner, der nach Abschluss eines selbständigen Beweisverfahrens mit seinem Antrag auf Erhebung der Klage über eine angemessene Überlegungsfrist hinaus so lange wartet, bis der etwaige Anspruch des Antragstellers verjährt ist, handelt rechtsmissbräuchlich, wenn es für ihn keine triftigen Gründe gab, den Antrag nicht früher zu stellen.

Es kommt hierfür nicht darauf an, ob eine Klage zu dem Zeitpunkt, in dem der Antragsgegner redlicherweise spätestens den Antrag auf Fristsetzung hätte stellen müssen, Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.



Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Nichtberücksichtigung eines Beweisantrags wegen unterbliebener Auslagenvorschußzahlung


Gericht: BVerfG
Datum: 8.4.2004
Az: 2 BvR 743/03
NK:

Leitsatz:

Notwendige Voraussetzung der Nichterhebung eines Beweises wegen Nichtzahlung des Vorschusses ist sowohl bei Anwendung von § 379 ZPO (wegen auf grober Nachlässigkeit beruhender Verspätung vgl. BVerfG 1999-09-17 1 BvR 47/99 NJW 2000, 1327) als auch von § 356 ZPO die Anordnung der Vorschußzahlung unter Fristsetzung.

Fundstelle:

NJW-RR 2004, 1150



Abrechnung von Regiearbeiten-Beweislast


Gericht: BGH
Datum: 28.5.2009
Az: VII ZR 74/06
NK:

Leitsatz:

a) Zur schlüssigen Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruchs muss der Unternehmer grundsätzlich nur darlegen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen angefallen sind.

b) Die Vereinbarung einer Stundenlohnvergütung für Werkleistungen begründet nach Treu und Glauben eine vertragliche Nebenpflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung, deren Verletzung sich nicht unmittelbar vergütungsmindernd auswirkt, sondern einen vom Besteller geltend zu machenden Gegenanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB entstehen lässt. Dessen tatsächliche Voraussetzungen muss der Besteller nach allgemeinen Grundsätzen darlegen und beweisen.

c) Den Unternehmer trifft eine sekundäre Darlegungslast, wenn der Besteller nicht nachvollziehen kann, welche konkreten Leistungen der Unternehmer erbracht hat, und ihm deshalb die Möglichkeit genommen ist, die Wirtschaftlichkeit des abgerechneten Zeitaufwands zu beurteilen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 17. April 2009 - VII ZR 164/07).
Ein solcher Fall liegt nicht vor, wenn der Besteller die einzelnen Leistungen in Auftrag gegeben hat und später den Auftragsumfang nicht mehr nachvollziehen kann.

d) Die Darlegungs- und Beweislast für die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung eines werkvertraglichen Vergütungsanspruchs liegt auch bei einer prüfbaren Abrechnung beim Unternehmer (Bestätigung von BGH, Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118, 126).


Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Beweisaufnahme und rechtliches Gehör


Gericht: BGH
Datum: 10.11.2009
Az: VI ZR 325/08
NK:

Leitsatz:

1. Nach allgemeinem Grundsatz macht sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu Eigen.

2. In der Nichtberücksichtigung eines Beweisergebnisses, das sich eine Partei als für sie günstig zu Eigen gemacht, kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegen.



Fundstelle:

juris-anwaltsletter



Vergabeverfahren: Primärrechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte


Gericht: LG Augsburg
Datum: 05.06.2008
Az: 6 O 1562/08
NK: § 823 Abs 2 BGB, § 1004 BGB, Art 3 Abs 1 GG, § 25 Nr 3 Abs 1 VOB A, § 935 ZPO

Leitsatz:

Der Primärrechtsschutz gegen eine Vergabeentscheidung unterhalb der vorgegebenen Schwellenwerte ist gegeben, wenn die Voraussetzungen der §§ 1004 (analog), 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG erfüllt sind, d.h. soweit der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, ausgefüllt durch die Bestimmungen der VOB/A, verletzt ist.

Die Bieterin gab in einem förmlichen Vergabeverfahren unterhalb der EG-Schwellenwerte das preisgünstigste Angebot ab. Im Angebotsdeckblatt schrieb die Bieterin in die Zeile "Angebotssumme inkl. 19% MwSt" die Nettoangebotssumme. In der zweiten Zeile trug die Bieterin vor dem Text "% Abgebot ohne Bedingung" die Zahl "19,0" ein und am Ende der Zeile den entsprechenden, aus der Nettoangebotsumme errechneten Betrag. In der dritten Zeile, in der es heißt "Angebotssumme geprüft:" vermerkte die Bieterin ihre Bruttoangebotssumme. Nach Angebotsöffnung forderte die Vergabestelle Aufklärung gemäß § 24 Nr. 1 VOB/A im Hinblick auf den Nachlass von 19%. Die Bieterin erläuterte, dass kein Abgebot gewollt gewesen sei, sondern die Zahlen versehentlich in der gleichen Reihenfolge wie auf dem LV-Schlussblatt in das Angebotsdeckblatt übertragen worden seien. Daraufhin erfolgte der Ausschluss wegen eines unangemessen niedrigen Preises. Gegen die drohende Erteilung des Zuschlags auf das Angebot einer Konkurrentin wandte sich die Bieterin mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.



Das LG Augsburg erließ die einstweilige Verfügung am selben Tag. Über den eingelegten Rechtsbehelf der Vergabestelle wurde innerhalb eines Monats mündlich verhandelt und durch Endurteil im Sinne der Bieterin entschieden. Einem Bieter in einem förmlichen Vergabeverfahren stünde ein zivilrechtlich durchsetzbarer Unterlassungsanspruch gegen bevorstehende willkürliche Entscheidungen der Vergabestelle auch unterhalb der Schwellenwerte zu. Verletzte die Vergabestelle den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, ausgefüllt durch die Bestimmungen der VOB/A, sei dem Bieter der Weg zu den Zivilgerichten eröffnet. Der Staat und öffentlich-rechtliche Körperschaften seien bei der Auftragsvergabe an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Der Gleichheitssatz des Art. 3 GG sei verletzt, wenn die Vergabestelle zu Lasten eines Bieters gegen die Vorschriften der VOB/A verstoße. Ein Angebot in einem Vergabeverfahren sei gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen. Danach ergebe sich eindeutig, dass die Bieterin kein Abgebot in Höhe von 19% angeboten habe. Die Vergabestelle könne den Ausschluss wegen eines unangemessen niedrigen Preises daher nicht mit einem angeblichen Nachlass von 19% begründen.





Fundstelle:

juris/IBR 2008,468



örtliche Zuständigkeit


Gericht: BGH
Datum: 29.1.2009
Az: VII ZB 79/08
NK:

Leitsatz:

In einem "obiter dictum" hat der BGH geklärt, daß die Gerichtsstandsvereinbarung von § 18 VOB/B nicht für private Bauherren gilt.

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Nachtragsangebote können auch konkludent angenommen werden


Gericht: KG 7 U 169/07
Datum: 31.10.2008
Az:
NK:

Leitsatz:

1. Fordert der Besteller zusätzliche Leistungen und unterbreitet der Werkunternehmer hierfür ein Nachtragsangebot, kann eine konkludente Annahme des Nachtragsangebots dadurch zum Ausdruck kommen, dass der Besteller die Leistungen abfragt und entgegennimmt, ohne dem Nachtragsangebot zu widersprechen.
2. Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Besteller dem Nachtragsangebot erst widerspricht, nachdem die zusätzliche Leistung ausgeführt worden ist.



Fundstelle:

IBR 2009, 7



Frist für Vorlage einer Bürgschaft nach § 648a BGB


Gericht: BGH
Datum: 31.3.2005
Az: VII ZR 346/03
NK:

Leitsatz:

Frist beträgt ca. 8-10 Tage - auch wenn sie dann wertlos ist!

Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



§ 522 ZPO


Gericht: BVerfG
Datum: 4. November 2008
Az: 1 BvR 2587/06
NK:

Leitsatz:

Keine Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO bei
umstrittenen, höchstrichterlich nicht geklärten Rechtsfragen

Fundstelle:

www.bundesverfassungsgericht.de



Fruchtloser Ablauf der Nachfrist § 648a V 1BGB


Gericht: BGH
Datum: 12.10.2006
Az: VII ZR 307/04
NK: § 643 Abs 1 BGB, § 648a Abs 5 S 1 BGB

Leitsatz:

Der Unternehmer wird nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist, die er dem Besteller gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1, § 643 Abs. 1 BGB gesetzt hat, von jeglicher Pflicht frei, den Vertrag zu erfüllen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 22. Januar 2004, VII ZR 183/02, BGHZ 157, 335, 342) (Rn.9).



Fundstelle:

NJW 2007, 60 BauR 2007, 113-114




Komplettheitsklauseln


Gericht: BGH
Datum: 13.3.2008
Az: VII ZR 194/06
NK:

Leitsatz:

1. Mit der bei einer Ausschreibung technischer Leistungen üblichen Formulierung "nach Erfordernis" wird regelmäßig zum Ausdruck gebracht, dass es Sache des Auftragnehmers ist, auf der Grundlage der dem Vertrag zu Grunde liegenden Planung die für eine funktionierende und zweckentsprechende Technik notwendigen Einzelheiten zu ermitteln. Damit wird der funktionale Charakter der Ausschreibung zum Ausdruck gebracht.
2. Es besteht keine Auslegungsregel, dass ein Vertrag mit einer unklaren Leistungsbeschreibung allein deshalb zu Lasten des Auftragnehmers auszulegen ist, weil dieser die Unklarheiten vor der Abgabe seines Angebots nicht aufgeklärt hat.




Orientierungssatz:





Fundstelle:

www.ibr-online.de



Rückforderung des öff. AG


Gericht: BGH
Datum: 8.5.2008
Az: VII ZR 106/07
NK:

Leitsatz:

Macht ein öffentlicher Besteller/Bauherr im Rahmen eines Werkvertrags Rückforderungsansprüche wegen einer zu hohen Schlussrechnung geltend, so sind die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der
Regel erfüllt, wenn er das Leistungsverzeichnis,
das Aufmaß und die Schlussrechnung kennt und
aus diesen eine vertragswidrige Abrechnung und Massenermittlung ohne Weiteres ersichtlich sind.




Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Eignung des Bieters im Vergabeverfahren


Gericht: BGH
Datum: 15.4.2008
Az: X ZR 129/06
NK: VOB/A § 25 Nr. 2 Abs. 1

Leitsatz:

a) Die Eignungsprüfung dient im System der VOB/A bei öffentlicher Ausschreibung bzw. bei offenem Verfahren dazu, die Unternehmen zu ermitteln, die zur Erbrin-gung der konkret nachgefragten Bauleistung nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit generell in Betracht kommen und die unzureichend qualifizier-ten Bieter auszusondern. Dem Angebot eines für geeignet befundenen Bieters darf dasjenige eines Konkurrenten nicht maßgeblich wegen dessen höher einge-schätzter Eignung vorgezogen werden (Bestätigung von BGHZ 139, 273).


b) Möchte ein Bieter die Bauzeit proportional der verlängerten Zuschlags- und Bin-defrist anpassen, kann sein Angebot nur ausgeschlossen werden, wenn der Auf-traggeber berechtigterweise erwarten konnte, dass der ursprüngliche Fertigstel-lungstermin trotz des verzögerten Baubeginns eingehalten wird. Ob das der Fall ist, hängt im Wesentlichen von einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls einschließlich der beiderseitigen Interessen ab.


Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Vertrag "Ohne-Rechnung" (MwSt wird gespart!)


Gericht: BGH
Datum: 24. April 2008
Az: VII ZR 140/07 und VII ZR 42/07 (für Werkunternehmer)
NK:

Titelzeile:




Leitsatz:

BGB § 139

Ob ein Werkvertrag aufgrund einer Ohne-Rechnung-Abrede insgesamt nichtig ist,
richtet sich nach § 139 BGB (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000
- VII ZR 192/98, BauR 2001, 630 = NZBau 2001, 195 = ZfBR 2001, 175).

BGB § 242

Hat ein Ingenieur seine Vermessungsleistungen mangelhaft erbracht und hat sich
dieser Mangel im Bauwerk bereits verkörpert, handelt er regelmäßig treuwidrig, wenn
er sich zur Abwehr von Schadensersatzansprüchen des Bestellers darauf beruft, die
Gesetzwidrigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede führe zur Gesamtnichtigkeit des Werk-
vertrags.


Fundstelle:

www.bundesgerichtshof.de



Mehrwertsteuer


Gericht: EUGH
Datum: 18.07.2007
Az: C 277/05
NK:

Leitsatz:

Keine Mehrwertsteuer auf Schadensersatzansprüche - z.B § 6 Nr.6 VOB/B

Fundstelle:

juris



Sicherung gemäß § 648a BGB und Insolvenz des AG


Gericht: BGH
Datum: 18.11.2004
Az: IX ZR 299/00
NK:

Leitsatz:

Möglicherweise kann der Insolvenzverwalter gemäß §§ 129 ff InsO die Hingabe einer Bürgschaft gemäß § 648a BGB durch einen dann fallierenden Bauherrn anfechten, wenn die Anfechtung binnen 3 Monaten nach Übergabe der Bürgschaft erfolgt und der Insolvenzantrag innerhalb dieser 3 Monate erfolgt.

Fundstelle:

BGH-Internetseiten



Abnahme überflüssig!


Gericht: OLG München BGH, 26.07.2007 - VII ZR 225/06
Datum: 10.10.2006
Az: 13 U 4639/03
NK: BGH, 26.07.2007 - VII ZR 225/06 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Leitsatz:

Der Werklohnanspruch des Auftragnehmers nach Kündigung des Bauvertrags wird ohne Abnahme fällig, wenn die Abnahme überflüssig ist. Das ist dann der Fall, wenn eine Erfüllung des Werkvertrags nicht mehr verlangt wird, weil die zunächst gerügten Mängel ausnahmslos beseitigt sind und der Vertrag sich in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt hat.







Schallschutz DIN 4109 !!


Gericht: BGH
Datum: 14.6.2007
Az: VII ZR 45/06
NK:

Leitsatz:

a) Welcher Schallschutz für die Errichtung von Doppelhäusern geschuldet
ist, ist durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Wird ein üblicher
Qualitäts- und Komfortstandard geschuldet, muss sich das einzuhaltende
Schalldämm-Maß an dieser Vereinbarung orientieren. Die Schalldämm-Maße
der DIN 4109 können schon deshalb nicht herangezogen werden, weil sie
lediglich Mindestanforderungen zur Vermeidung unzumutbarer
Belästigungen regeln. Anhaltspunkte können aus den Regelwerken die
Schallschutzstufen II und III der VDI-Richtlinie 4100 aus dem Jahre
1994 oder das Beiblatt 2 zu DIN 4109 liefern.

b) Vertraglichen Erklärungen des Unternehmers, die Mindestanforderungen
an den Schallschutz würden überschritten oder es werde optimaler
Schallschutz erreicht, kann eine vertragliche Wirkung nicht deshalb
aberkannt werden, weil aus ihnen das Maß des geschuldeten
Schallschutzes nicht bestimmbar sei. Das Gericht muss unter
Berücksichtigung der gesamten Vertragsumstände das geschuldete Maß
ermitteln.

c) Können durch die vereinbarte Bauweise bei einwandfreier, den
anerkannten Regeln der Technik entsprechender Bauausführung höhere
Schallschutzwerte erreicht werden, als sie sich aus den Anforderungen
der DIN 4109 ergeben, sind diese Werte unabhängig davon geschuldet,
welche Bedeutung den Schalldämm-Maßen der DIN 4109 sonst zukommt.

d) Bei gleichwertigen, nach den anerkannten Regeln der Technik
möglichen Bauweisen darf der Besteller angesichts der hohen Bedeutung
des Schallschutzes im modernen Haus- und Wohnungsbau erwarten, dass der
Unternehmer jedenfalls dann diejenige Bauweise wählt, die den besseren
Schallschutz erbringt, wenn sie ohne nennenswerten Mehraufwand möglich
ist.

e) Zur Schalldämmung der Haustrennwand zwischen zwei Doppelhaushälften.


Fundstelle:

ZfBR 2007, 671



Wer ist "öffentlicher" Auftraggeber?


Gericht: BGH
Datum: 26.04.2007
Az: VII ZR 152/06
NK:

Leitsatz:

Eine juristische Person des Privatrechts ist selbst dann nicht öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 17 Nr. 6 Abs. 4 VOB/B, wenn sämtliche Anteile einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gehören.
(Hier hatte sich eine, dem Land Berlin gehörende GmbH, darauf berufen, daß § 17 Nr.6 Abs.4 VOB/B auf sie anwendbar wäre, d.h.sie könne das einbehaltene Geld auf eigenes "Verwahrgeldkonto" nehmen. Dem hat nun der BGH widersprochen.)
Das Urteil ist deswegen bemerkenswert, weil es zu § 98 GWB sagt, daß der gleiche Auftraggeber wie hier, vergaberechtlich gesehen, als "öffentlicher" Auftraggeber anzusehen wäre!



Fundstelle:

IWW



DIN 4109


Gericht: OLG Karlsruhe (Nichtannahmebeschluß BGH 9.11.2006 VII ZR 19/06)
Datum: 29.12.2005
Az: 9 U 51/03
NK:

Leitsatz:

Bei Erstellung von Bauwerken im Jahre 2000 war der Schallschutz der Schallschutzstufe II mit 57 dB für den Luftschallschutz als anerkannte Regel der Technik anzusehen.

Die nicht näher konkretisierte Vereinbarung eines erhöhten Schallschutzes im Jahre 2000 beinhaltet einen Wert zwischen den Schallschutzstufen II und III (57 dB und 60 dB).

...



Fundstelle:

BauR 2007, 557



Drittschadensliquidation


Gericht: OLG Dresden (Nichtannahmebeschluß BGH 9.11.2006 VII ZR 273/05)
Datum: 15.11.2005
Az: 14 U 2368/04
NK:

Leitsatz:

Hat der Auftraggeber wegen eines Mangels einen vertraglichen Anspruch gegen einen Unternehmer, jedoch wegen der Gefahrtragungsregel des § 644 Abs. 1 BGB keinen Schaden, kann er den Schaden eines anderen Unternehmers liquidieren, der durch den Mangel an dessen Gewrk vor der Abnahme eingetreten ist. Diesen Anspruch kann er an den geschädigten Unternehmer abtreten.
Der Insolvenzverwalter des schädigenden Unternehmers kann die Abtretung des Anspruchs nicht anfechten, weil eine Gläubigerbenachteiligung nicht vorliegt.
Der schädigende Unternehmer trägt die Beweislast für seine Beahuptung, die Leistung des geschädigten Unternehmers sei bereits vor dem Schadensfall mangelhaft gewesen.

Fundstelle:

BauR 2007, 555



Zahlung - kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis


Gericht: BGH
Datum: 11.1.2007
Az: VII ZR 165/05
NK:

Leitsatz:

Allein die Zahlung des Werklohns auf eine geprüfte Rechnung
rechtfertigt nicht die Annahme eines deklaratorischen
Schuldanerkenntnisses





Gutachten


Gericht: BGH
Datum: 21.12.2006
Az: VII ZR 279/05
NK:

Leitsatz:

a) Wird ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weiteren Tatsachenvortrag, etwa unter Vorlage eines Privatgutachtens, zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert, stellt dies kein neues Vorbringen im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO dar.

b) Auch im Bauprozess ist eine Partei nicht verpflichtet, bereits in erster Instanz Einwendungen gegen ein Gerichtsgutachten unter Beifügung eines Privatgutachtens oder gestützt auf sachverständigen Rat vorzubringen.


Fundstelle:

IWW-Newsletter 12/2007



Akteneinsicht bei Ansprüchen gegen GmbH-GF (InsO)


Gericht: BGH
Datum: 5.4.2006
Az: IV AR(VZ) 1/06
NK:

Leitsatz:

1. Auch nach Abweisung des Antrags auf Insolvenzeröffnung mangels Masse besteht für einen Gläubiger der Insolvenzschuldnerin das rechtliche Interesse i.S. der §§ 4 InsO, 299 Abs. 2 ZPO an der Einsicht in die Insolvenzakte fort.

2. Dieses rechtliche Interesse entfällt nicht dadurch, daß der Gläubiger die Akteneinsicht begehrt um festzustellen, ob ihm Durchgriffs- und Schadenersatzansprüche gegen Dritte, insbesondere Geschäftsführer oder Gesellschafter der Schuldnerin zustehen.

Fundstelle:

IBR 2006, 445



Abnahme trotz Kündigung (Änderung der Rechtssprechung)


Gericht: BGH
Datum: 11.5.2006
Az: VII ZR 146/04
NK:

Leitsatz:

11.5.2006 VII ZR 146/04

2.

a) Dem Berufungsgericht ist einzuräumen, dass die von ihm vertretene Auffassung der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht. Danach bedurfte das infolge vorzeitiger Vertragsbeendigung unfertige Werk keiner Abnahme, um die Vergütung fällig werden zu lassen (Urteil vom 9. Oktober 1986 - VII ZR 249/85, BauR 1987, 95 = ZfBR 1987, 38); die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und aller sich aus der vorzeitigen Beendigung ergebenden vergütungsgleichen Ansprüche wurde für den VOB-Vertrag allein von der Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung abhängig gemacht (BGH aaO; Urteil vom 4. Mai 2000 - VII ZR 394/97, BauR 2000, 1191 = ZfBR 2000, 471).

b) An dieser Rechtsprechung wird für die Fälligkeit der Vergütungsforderung aus einem gekündigten Bauvertrag nicht festgehalten.

aa) Mit Urteil vom 19. Dezember 2002 (VII ZR 103/00, BGHZ 153, 244) hat der Senat entschieden, dass die Verjährungsfristen gemäß § 13 Nr. 4 VOB/B oder gemäß § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B nach einer Kündigung oder Teilkündigung auf einen Anspruch nach § 4 Nr. 7 Satz 1 und 2 VOB/B grundsätzlich erst anwendbar sind, wenn die bis zur Kündigung erbrachte Leistung abgenommen worden ist. Erst die Abnahme der durch die Kündigung beschränkten vertraglich geschuldeten Werkleistung beendet das Erfüllungsstadium des gekündigten Vertrags und führt die Erfüllungswirkungen der Werkleistung herbei. Es gilt insoweit nichts anderes als bei einem nicht gekündigten Vertrag.

bb) Im Hinblick auf diese Entscheidung hat der Senat mit Urteil vom 22. September 2005 (VII ZR 117/03, BGHZ 164, 159) darauf hingewiesen, dass die Auffassung, bei vorzeitiger Beendigung eines Vertrags sei eine Abnahme zur Begründung der Fälligkeit der Werklohnforderung nicht erforderlich, einer Überprüfung bedarf. Während seinerzeit eine Klärung wegen der Besonderheit des Sachverhalts nicht geboten war, hat der Senat die Frage nunmehr zu entscheiden. Denn das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Teilleistung der Klägerin abgenommen wurde, weil die Abnahme aus seiner Sicht nicht entscheidungserheblich war. Es hat auch keine Feststellungen zu Umständen getroffen, die auch bei einem vollständig erfüllten Vertrag die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung für die Werklohnforderung entbehrlich machen könnten. Es ist daher zugunsten der Revisionsklägerin von einer erforderlichen aber fehlenden Abnahme auszugehen.

cc) Gemäß § 641 Abs. 1 BGB ist die Abnahme Fälligkeitsvoraussetzung für den Werklohnanspruch des Unternehmers. Soweit es um die Vergütungsforderung aus einem Bauvertrag geht, besteht kein rechtfertigender Grund, von dieser Voraussetzung abzusehen, wenn der Unternehmer infolge der Kündigung des Vertrages lediglich eine Teilleistung erbracht hat.

Die Kündigung, die den Vertrag für die Zukunft beendet, beschränkt den Umfang der vom Unternehmer geschuldeten Werkleistung auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil und seinen Vergütungsanspruch ebenfalls auf diesen Teil der ursprünglich geschuldeten Leistung (BGH, Urteile vom 25. März 1993 - VII ZR 17/92, BauR 1993, 469 = ZfBR 1993, 189 und vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 103/00, aaO). Der nunmehr im geschuldeten Leistungsumfang reduzierte Bauvertrag richtet sich bezüglich der Fälligkeit der Vergütungsforderung weiterhin nach den werkvertraglichen Regelungen, wie sie auch für den ursprünglichen Vertragsumfang galten. Es ist kein rechtlich tragfähiger Grund dafür ersichtlich, an die Fälligkeitsvoraussetzungen des für den erbrachten Leistungsteil geschuldeten Vergütungsanspruchs geringere Anforderungen zu stellen, als sie für den Fall des vollständig durchgeführten Vertrages bestehen. Vielmehr würde eine Reduzierung dieser Anforderungen, ein Verzicht auf die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung, dazu führen, dass der Unternehmer, ohne daß hierfür ein überzeugender Grund zu ersehen ist, selbst in denjenigen Fällen besser gestellt würde, in denen er Anlass zur Kündigung gegeben hat.

Diese Gleichstellung der Fälligkeitsvoraussetzungen erfordert allerdings, dass eine Abnahme auch der nur teilweise erbrachten Leistung grundsätzlich möglich ist. Ob dies bei Werkverträgen aller Art generell bejaht werden kann, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls im Rahmen eines Bauvertrages stehen der Abnahme der bis zur Kündigung erbrachten Leistung keine durchgreifenden Bedenken entgegen, da es in der Regel um hinreichend abgrenzbare Teilleistungen geht, die auch in diesem Stadium der Überprüfung dahin zugänglich sind, ob sie vertragskonform erbracht worden sind. Hiervon geht auch die Regelung in § 8 Nr. 6, 1. Halbsatz VOB/B aus, wonach der Auftragnehmer Aufmass und Abnahme der von ihm ausgeführten Leistung alsbald nach der Kündigung verlangen kann. Die Abnahme kann auch hier zum Zwecke der Feststellung der Vertragsgemäßheit dieselbe Funktion erfüllen wie beim nicht gekündigten Vertrag (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 103/00, aaO; Kniffka, ZfBR 1998,113; Thode, ZfBR 1999,116).

Der Senat verkennt nicht, daß sich diese Überprüfung im Einzelfall zuweilen als schwierig herausstellen kann, etwa dann, wenn die Abgrenzung zwischen noch nicht erbrachter oder mangelhaft erbrachter Teilleistung fraglich ist. Derartige Abgrenzungsschwierigkeiten sind dem Werkvertragsrecht aber auch im Übrigen keineswegs fremd und können sachgerecht bewältigt werden. Sie können es nicht rechtfertigen, von einer rechtlich geregelten Fälligkeitsvoraussetzung abzusehen.

c) Das Berufungsgericht wird daher zu prüfen haben, ob die von der Klägerin erbrachte Teilleistung abgenommen ist oder eine solche Abnahme, wie auch bei vollständig erbrachter Leistung, ausnahmsweise entbehrlich ist, etwa, weil nicht mehr Erfüllung des Vertrags, sondern Minderung (BGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 479/00, BauR 2002, 1399 = ZfBR 2002, 676) oder Schadensersatz (BGH, Urteil vom 22. September 2005 - VII ZR 117/03, BGHZ 164, 159) verlangt wird oder die Abnahme des Werkes ernsthaft und endgültig abgelehnt wurde (BGH, Urteil vom 3. März 1998 - X ZR 4/95, NJW-RR 1998, 1027).

Insoweit wird zu berücksichtigen sein, dass in der Kündigung eine konkludente Abnahme nicht gesehen werden kann und eine fiktive Abnahme nach § 12 Nr. 5 VOB/B beim gekündigten VOB-Vertrag nicht in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 103/00, aaO). Zu bedenken wird auch sein, dass sich die Auftraggeberin und damit auch die Beklagte, sollte eine Ersatzvornahme erfolgreich durchgeführt sein, nicht mehr darauf wird berufen können, ursprünglich die Abnahme zu Recht verweigert zu haben (vgl. dazu Kniffka, ZfBR 1998, 113, 114).


weitere Fundstellen:

IWW
IBR 2006, 432



Unterlassene Einzahlung eines Sicherungseinbehalts als Untreuetatbestand i.S. des § 266 StGB


Gericht: OLG München
Datum: 12.11.2005
Az: XIV Zs 3006/05
NK:

Leitsatz:

Die Verpflichtung des AG, den zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen einbehaltenen Restwerklohn auf ein Sperrkonto einzuzahlen, stellt bei Geltung der VOB/B eine qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Werkunternehmer dar. Sieht der AG von einer danach geschuldeten Einzahlung auf ein Sperrkonto ab und kann er den Restwerklohn infolge eigener Insolvenz nicht mehr auszahlen, so kann hierin eine Verletzung der ihm obliegenden Vermögensbetreuungspflicht i.S. des § 266 StGB liegen.

Fundstelle:

BauR 2006, 994



Förmliche Abnahme vereinbart - Bei Vergessen trotzdem erfolgt


Gericht: KG
Datum: 4.4.2006
Az: 7 U 247/05
NK:

Leitsatz:

1. Wird in einem VOB-Bauvertrag abweichend von § 12 Nr. 4 Abs. 1 S. 1 VOB/B die förmliche Abnahme für alle Fälle vertraglich vereinbart, muss keine Partei sie mehr eigens gemäß § 12 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B verlangen.

2. Wird innerhalb der Frist des § 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B kein Abnahmetermin anberaumt und die Abnahme auch nicht ausdrücklich verweigert, so ist davon auszugehen, dass auf die förmliche Abnahme verzichtet wird, sodass nach Ablauf von 12 Werktage nach Erhalt der Schlussrechnung gemäß § 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B oder durch Inbenutzungnahme gemäß § 12 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B die Abnahme als erfolgt gilt.

siehe auch BGH 13.7.1989 VII ZR 82/88





Kooperationspflicht


Gericht: BGH
Datum: 28.10.1999
Az: VII ZR 393/98
NK:

Leitsatz:

Die Parteien eines Bauvertrages sind einander zur Kooperation verpflichtet.....



AGB


Gericht: BGH
Datum: 24.11.2005
Az: VII ZR 87/04
NK:

Leitsatz:

......
......
AGB liegen auch dann vor, wenn sie von einem Dritten für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind, und die die Vertragspartei, die die Klausel stellt, sie nur in einem einzigen Vertrag verwenden will.

Fundstelle:

BauR 2006,514



ET AUDIATUR ALTERA PARS


Gericht: BVerfG
Datum: 21.02.2001
Az: 2 BvR 140/00
NK: 141 Abs 1 S 1 ZPO, § 286 Abs 1 S 1 ZPO, § 295 Abs 1 ZPO, Art. 103 GG

Leitsatz:

1. Zu den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen aus GG Art 103 Abs 1 sowie Art 2 Abs 1 iVm dem Rechtsstaatsprinzip bzgl der Sicherung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bzw der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes vgl BVerfG, 1992-05-19, 1 BvR 986/91, BVerfGE 86, 133 <144f>.
2a. Zu den im Rahmen des Rechtsstaatsprinzips gewährleisteten elementaren und für einen fairen Prozeß bzw einen wirkungsvollen Rechtsschutz unerläßlichen Verfahrensregeln zählt, daß ein Gericht die Richtigkeit bestrittener Tatsachen nicht ohne hinreichende Prüfung bejaht (vgl BVerfG, 1994-10-11, 1 BvR 1398/93, BVerfGE 91, 176 <181>).
2b. Will das Berufungsgericht von der Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil abweichen, so ist es verfassungsrechtlich geboten, auch die als einziges "Beweismittel" auf der einen Seite stehende Partei (hier: Klägerin), die in der Vorinstanz angehört worden war, zu hören und deren Vorbringen in der neuerlichen Sammlung des Tatsachen- bzw. Beweisstoffs zu würdigen. Beschränkt das Berufungsgericht hingegen die Beweisaufnahme auf eine erneute Vernehmung des Zeugen der anderen Partei (hier: Beklagte), so stellt diese Verfahrensweise eine mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör und der Gewährleistung der prozessualen Waffengleichheit nicht im Einklang stehende Begünstigung eines Verfahrensbeteiligten dar.
2c. Hier: Durch das Rechtsmittelgericht unterbliebene Parteieinvernahme zum umstrittenen Inhalt eines Vier-Augen-Gesprächs.







Fundstelle:

NJW 2001, 2531



Prüfbarkeit der Schlußrechnung nach 2 Monaten


Gericht: BGH
Datum: 8.12.2005
Az: VII ZR 50/04
NK:

Leitsatz:

1. Hat der Auftraggeber eines Vertrages, in dem die VOB/B vereinbart worden ist, nicht binnen zwei Monaten nach Zugang der Schlussrechnung Einwendungen gegen deren Prüfbarkeit erhoben, wird der Werklohn auch dann fällig, wenn die Rechnung objektiv nicht prüfbar ist. Es findet die Sachprüfung statt, ob die Forderung berechtigt ist. Bei ausreichender Grundlage kann der Werklohn gemäß § 287 ZPO geschätzt werden (im Anschluss an BGH, Urteil vom 23. September 2004 VII ZR 173/03, BauR 2004, 1937).
2. Die Frist von zwei Monaten gilt auch dann, wenn eine Schlussrechnung während eines laufenden Gerichtsverfahrens eingereicht wird.






Fundstelle:

juris



Preisanpassung gem. § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B


Gericht: BGH
Datum: 14.4.2005
Az: VII ZR 14/04
NK:

Leitsatz:

Die VOB/B enthält für das Preisanpassungsverlangen keine zeitliche Begrenzung. Die Vertragspartner sind gehalten, das Preisanpassungsverlangen möglichst beschleunigt geltend zu machen. Das Recht auf Preisanpassung kann nach den allgemeinen Grundsätzen verwirkt werden.








Fundstelle:

BauR 2005, 1152



Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen im Insolvenzverfahren


Gericht: BGH
Datum: 22.9.2005
Az: VII ZR 117/03
NK:

Leitsatz:

Ein Insolvenzgläubiger (Subunternehmer auf Werklohn gegenüber falliertem Hauptunternehmer)muß mit einer Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen des Insolvenzschuldners (Hauptunternehmers) rechnen, wenn seine Leistung mangelhaft war. Die Aufrechnung wird nicht durch § 95 I 3 InsO ausgeschlossen.

Fundstelle:

juris



VOB/C-AGB


Gericht: BGH
Datum: 17. Juni 2004– –.
Az: VII ZR 75/03
NK:

Leitsatz:

Grundsätze zur Auslegung der Abrechnungsregeln der ATV (hier: DIN 18332 Natursteinarbeiten)
1. Die Abrechnungsregelungen der VOB/C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (hier DIN 18299 Abschnitt 5 und DIN 18332 Abschnitt 5).

2. Bei der Auslegung der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen kommt der Verkehrssitte maßgebliche Bedeutung zu, wenn Wortlaut und Sinn der Regelung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führen. Kommentierungen der VOB/C sind grundsätzlich keine geeignete Hilfe zu deren Auslegung.

3. Aus Wortlaut und Sinn der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen läßt sich nicht eindeutig entnehmen, ob DIN 18332 Naturwerksteinarbeiten auch dann Anwendung findet, wenn Wärmedämmarbeiten für eine Natursteinfassade isoliert in Auftrag gegeben werden.

5. Auf welcher vertraglichen Grundlage das Aufmaß zu nehmen ist, ist eine Rechtsfrage und daher einer Begutachtung durch einen Bausachverständigen nicht zugänglich.

6. Die Ermittlung, ob eine Verkehrssitte besteht, kann dem Gutachter übertragen werden.





Sicherheitseinbehalt und § 17 VOB/B


Gericht: BGH
Datum: 10.11.2005
Az: VII ZR 11/04
NK:

Leitsatz:

a) Die vorrangig vor der VOB/B geltende Vertragsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, die vorsieht, dass von der Schlussrechnung ein Gewährleistungseinbehalt in Abzug gebracht wird, der durch eine nicht auf erstes Anfordern zahlbare Bankbürgschaft abgelöst werden kann, ist dahin auszulegen, dass die Verpflichtung des Auftraggebers zur Einzahlung auf ein Sperrkonto nach § 17 Nr. 6 VOB/B nicht ausgeschlossen ist (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 494/00, BauR 2002, 1392).

b) Zahlt der Auftraggeber, der eine Gewährleistungssicherheit bar einbehält und eine vom Auftragnehmer gestellte Bürgschaft als Austauschsicherheit entgegennimmt, den Sicherheitseinbehalt entgegen einer vom Auftragnehmer gesetzten Nachfrist nicht auf ein Sperrkonto ein, muss er nicht nur den Sicherheitseinbehalt auszahlen, sondern auch die Bürgschaft herausgeben.



Fundstelle:

www.iww.de und njw 2006, 442



Keine Frist zur Nachbesserung gesetzt - kein Anspruch


Gericht: BGH
Datum: 23. Februar 2005
Az: VIII ZR 100/04
NK:

Leitsatz:

Sowohl das Recht des Käufers, gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB den Kaufpreis zu mindern, als auch der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB setzen - wenn nicht einer der gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände eingreift - voraus, daß der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat.
Beseitigt der Käufer den Mangel selbst, ohne dem Verkäufer zuvor eine erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, kann er auch nicht gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB (analog) die Anrechung der vom Verkäufer ersparten Aufwendungen für die Mangelbeseitigung auf den Kaufpreis verlangen oder den bereits gezahlten Kaufpreis in dieser Höhe zurückfordern.




Fundstelle:

NJW 2005, 1348-1351



Ausschluß von Zurückbehaltungsrecht und Aufrechnung in AGB


Gericht: BGH
Datum: 31. März 2005
Az: VII ZR 180/04
NK:

Leitsatz:

Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauunternehmers
"Die Geltendmachung von Aufrechnungen mit nicht rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen sowie von Zurückbehaltungsrechten ist ausgeschlossen."
ist dahin zu verstehen, daß Zurückbehaltungsrechte und damit auch Leistungsverweigerungsrechte nach §§ 320, 641 Abs. 3 BGB generell ausgeschlossen sind. Insoweit ist die Klausel unwirksam.







Orientierungssatz:

Hätte die Klausel gelautet:"..............sowie von nicht rechtskräftig festgestellten Zurückbehaltungsrechten"
hätte sie gegolten!!

Fundstelle:

BauR 2005, 1010-1012
ZfBR 2005, 463-465




Verschuldensverteilung zwischen A und BU gegenüber BH


Gericht: BGH
Datum: 24. Februar 2005
Az: VII ZR 328/03
NK:

Leitsatz:

Nimmt der Besteller den Unternehmer wegen einer vertragswidrigen Ausführung des Bauwerks auf Gewährleistung in Anspruch, die auf eine vertragswidrige Planung seines Architekten zurückzuführen ist, muß bei der Bewertung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge der Bedeutung der Verpflichtung des Unternehmers Rechnung getragen werden, über die Vertragswidrigkeit der Planung aufzuklären.



Fundstelle:

BauR 2005, 1016



AGB und Individualvereinbarung - Abgrenzung


Gericht: BGH
Datum: 14.4.2005
Az: VII ZR 56/04
NK:

Leitsatz:

Eine vom Besteller gegenüber dem Bauunternehmer verwendete Klausel, nach der ein Bareinbehalt von 5% der Schlussrechnungssumme auf die Dauer der Gewährleistungsfrist einbehalten wird, der allein durch Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann, ist unwirksam. Eine ergänzende Vertragsauslegung dahin, dass die Ablösung durch eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft erfolgt, kommt bei der gebotenen objektiv-generalsierenden Betrachtungsweise nicht in Betracht (im Anschluß an BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539).
Das eigentlich Interessante an dem Urteil ist die Definition einer AGB im Verhältnis zur individuellen Vereinbarung. Im wesentlichen sagt der BGH, daß eine echte Möglichkeit der Einflußnahme vorliegen muß um zu einer Einzelvereinbarung zu kommen.



Fundstelle:

BauR 2005, 1154-1156



Jeder Eingriff in VOB bedingt AGB-Überprüfung


Gericht: BGH
Datum: 22.1.2004
Az: VII ZR 419/02
NK:

Leitsatz:

Jede vertragliche Abweichung von der VOB/B führt dazu, daß diese nicht als Ganzes vereinbart ist. Es kommt nicht darauf an, welches Gewicht der Eingriff hat.*)



Fundstelle:

BauR 2004, 668



Frist zur Vorlage einer Sicherheit nach § 648a BGB


Gericht: BGH
Datum: 31.03.2005
Az: VII ZR 346/03
NK:

Leitsatz:

Eine angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit ist eine Frist, die es dem Besteller möglich macht, die Sicherheit ohne schuldhaftes Verzögern zu beschaffen. Grundsätzlich ist darauf abzustellen, was von einem Besteller zu verlangen ist, der sich in normalen finanziellen Verhältnissen befindet.



Orientierungssatz:

Damit bleibt offen, welche Frist tatsächlich die richtige ist!! Im Urteil ist der Hinweis auf die Entstehung des Gesetzes enthalten, die von einer Frist von 7 - 10 Tagen ausgeht!! Wie weltfremd, wenn man bedenkt, daß viele Bauvorhaben in einer solchen Zeit schon erledigt sind!!

Fundstelle:

BauR 2005, 1009



Vertragsstrafe nicht über 5%


Gericht: BGH
Datum: 23. Januar 2003
Az: VII ZR 210/01
NK:

Leitsatz:

1. Kein Rückforderungsanspruch des Bürgen aus einer in eine "normale" Bürgschaft umzudeutenden Bürgschaft, wenn der Gläubiger einen Anspruch auf Verwertung der Bürgschaft hatte. 2.a) Zur Unwirksamkeit einer AGB-Vertragsstrafenklausel, die eine Höchstgrenze von über 5 % der Auftragssumme vorsieht. 2.b) Zum Vertrauensschutz insoweit für bisherige Verträge
Leitsatz
Leitsatz: a) Ist eine Bürgschaft auf erstes Anfordern wirksam erteilt worden und hat der Bürge auf erstes Anfordern gezahlt, kann er diese Zahlung nicht allein deshalb zurückfordern, weil der Schuldner nach der ergänzenden Auslegung der Sicherungsabrede nur eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen hatte. Eine Rückforderung scheidet aus, wenn der Gläubiger einen Anspruch auf Verwertung der Bürgschaft besitzt (im Anschluß an BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - IX ZR 355/00, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
b) Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Vertragsstrafenklausel in einem Bauvertrag benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen, wenn sie eine Höchstgrenze von über 5 % der Auftragssumme vorsieht (Aufgabe von BGH, Urteil vom 25. September 1986 - VII ZR 276/84, BauR 1987, 92, 98 = ZfBR 1987, 35).
c) Für vor dem Bekanntwerden dieser Entscheidung geschlossene Verträge mit einer Auftragssumme von bis zu ca. 13 Millionen DM besteht grundsätzlich Vertrauensschutz hinsichtlich der Zulässigkeit einer Obergrenze von bis zu 10 %. Der Verwender kann sich jedoch nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn die Auftragssumme den Betrag von 13 Millionen DM um mehr als das Doppelte übersteigt.
- (KG Berlin)





Fundstelle:

ZfBR 2003, 447-452




Auszahlung der Bürgschaft


Gericht: BGH
Datum: 7. März 2002
Az: VII ZR 182/01
NK:

Titelzeile:









Leitsatz:

Der Auftraggeber ist auf Grund der Sicherungsvereinbarung verpflichtet, den Sicherheitseinbehalt auszuzahlen, wenn die vereinbarten Voraussetzungen für einen Austausch der Sicherheiten vorliegen (hier: Stellung der Bürgschaft), da das Austauschrecht ein vertragliches Gestaltungsrecht des Auftragnehmers ist.

Ein etwaiger Nachbesserungsanspruch berechtigt den Auftraggeber nicht, die Barsicherheit einzubehalten, da die Sicherheit allein für die vom Sicherungszweck erfaßten geldwerten Gewährleistungsansprüche (Vorschuß auf Mängelbeseitigungskosten, Erstattung der Aufwendungen für Mängelbeseitigung, Schadensersatz, Minderung) verwertet werden darf.



Fundstelle:

BauR 2002, 1543-1544



Erneut: Pauschalvertrag


Gericht: BGH
Datum: 25.11.2004
Az: VII ZR 394/02
NK:

Leitsatz:

Der Auftragnehmer, der bis zur vorzeitigen Beendigung eines Pauschalpreisvertrages nur geringfügige Teilleistungen erbracht hat, kann die ihm zustehende Mindestvergütung in der Weise abrechnen, daß er die gesamte Leistung als nicht erbracht zugrunde legt und von dem Pauschalpreis die hinsichtlich der Gesamtleistung ersparten Aufwendungen absetzt.






AGB


Gericht: BGH
Datum: 14.10.2004
Az: VII ZR 190/03
NK:

Leitsatz:

1. Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers in einem Einheitspreisvertrag "Auch bei einem Einheitspreisvertrag ist die Auftragssumme limitiert" ist überraschend und wird daher nicht Vertragsbestandteil.
2. Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers "Zusätzliche Leistungen werden nur nach schriftlich erteiltem Auftrag bezahlt" benachteiligt den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen und ist daher unwirksam (Bestätigung von BGH, Urteil vom 27. November 1003 - VII ZR 53/03).
3. Die Prüfung und Abzeichnung der Schlußrechnung durch den Architekten bindet den Auftraggeber auch dann nicht als kausales Schuldanerkenntnis, wenn er selbst die Rechnung an den Auftragnehmer weitergeleitet hat.


Fundstelle:

IBR 2005/1



Rohbauunternehmer soll alle mit Strom etc. versorgen: AGB Klausel ist unwirksam


Gericht: OLG Celle
Datum: 5.8.2004
Az: 6 U 178/03
NK:

Leitsatz:

Eine Allgemeine Geschäftsbedingung in einem Bauvertrag, nach welcher der Rohbauunternehmer die Baustelle insgesamt mit Bauwasser, Baustrom und Sanitäranlagen zu versorgen und diese Einrichtungen allen am Bau Beteiligten zur Mitbenutzung zu überlassen hat, ihm aber für die Mitbenutzung durch die Drittunternehmer ein Entgelt zustehen soll, ist unwirksam.

Eine Mehrfachverwendung dieser Klausel liegt auch dann vor, wenn diese einerseits im Vertrag mit dem Rohbauunternehmer, andererseits gleichlautend in den Verträgen mit den Drittunternehmern verwendet wird, weil die Klausel auch den Drittunternehmern gegenüber belastend wirkt.



Fundstelle:

IBR 2004, 555



Unwirksame Schriftformklausel für Nachtragsaufträge


Gericht: BGH
Datum: 27.11.2003
Az: VII ZR 53/03
NK:

Leitsatz:

Eine vom Auftraggeber gestellte Klausel in einem Bauvertrag, nach der jegliche Nachforderungen ausgeschlossen sind, wenn Sie nicht auf schriftlichen Zusatz und Nachtragsaufträgen des Auftraggebers beruhen, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist gem. § 9 AGBG unwirksam.



Fundstelle:

BauR 2004, 488
NJW 2004, 502
NZBau 2004,146
ZfBR 2004,258



Leistungsverzeichnis vor Bauordnungsrecht


Gericht: BGH
Datum: 27.5.2004
Az: VII ZR 115/03
NK:

Leitsatz:

Ein detailreich aufgestelltes LV als Leistungsbeschreibung geht allen anderen Vertragsbestandteilen und - grundlagen - also auch der Vorbemerkung der Ausschreibungsunterlagen sowie einem etwaigen Baugenehmigungsbescheid - vor.

Fundstelle:

IBR 2004, 410



Spekulation mit 1 Cent oder 1 Euro


Gericht: BGH
Datum: 18.05.2004
Az: X ZB 7/04
NK:

Leitsatz:

Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Preise i.S. von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A. Deshalb sind Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in "Mischkalkulation" auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich von der Wertung auszuschließen (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A).

Fundstelle:

Kanzlei



AGB


Gericht: BGH
Datum: 7.5.1987
Az: VII ZR 129/86
NK:

Titelzeile:

AGB`s liegen auch bei Verwendung festgelegter Gechäftsbedingungen eines anderen vor .

Leitsatz:

Die Bestimmungen des § 13 VOB/B stellen schon für sich Allgemeine Geschäftsbedingungen dar, die durch bloße Inbezugnahme oder Wiedergabe ihres Wortlauts, also ohne "ausgehandelt" worden zu sein Vertragsinhalt werden können - und dann der Kontrolle nach dem AGBG unterliegen.

Fundstelle:

BauR 1987, 438(439)



Thema: "NEU für ALT"


Gericht: BGH 7. Zivilsenat
Datum: 22. Januar 2004
Az: VII ZR 426/02
NK:

Titelzeile:





Leitsatz:

Leitsatz
1. Inwieweit ein Auftraggeber gegen die Schadensminderungspflicht verstößt, wenn er einen Baumangel erst nach vielen Jahren mit zwischenzeitlich gestiegenen Baukosten beseitigen läßt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
2. Allein der Umstand, daß die Baukosten gestiegen sind, begründet ein Mitverschulden nicht.



Fundstelle:

EBE/BGH 2004, 98-99 (Leitsatz und Gründe)
IBR 2004, 195 (Leitsatz)



Bürgschaft auf erstes Anfordern


Gericht: BGH
Datum: 25.3.2004
Az: VII ZR 453/02
NK:

Titelzeile:

B.a.e.A. auch durch öffentlichen AG unzulässig

Leitsatz:

a) Die Verpflichtung eines Bauunternehmers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen
eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, ist auch in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen eines öffentlichen Auftraggebers unwirksam. Der Vertrag
ist ergänzend dahin auszulegen, daß der Auftragnehmer eine unbefristete,
selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet (im Anschluß an BGH, Urteil vom 4. Juli
2002, BGHZ 151, 229).
b) Die ergänzende Vertragsauslegung kommt für Verträge, die nach dem
31. Dezember 2002 geschlossen worden sind, nicht mehr in Betracht. Das gilt
auch für Verträge, bei denen ein öffentlicher Auftraggeber nicht beteiligt ist.
c) Zur Wirksamkeit einer vom öffentlichen Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellten
Klausel, mit der Vertragserfüllungssicherheit und Gewährleistungssicherheit
mit teilweise identischer Zweckbestimmung gefordert wird.




Ansprüche aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B und GoA (Schenkungsvermutung der Bauwirtschaft-Adieu!!)


Gericht: BGH
Datum: 27. November 2003,
Az: VII ZR 346/01
NK:

Titelzeile:

Ansprüche aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B und GoA


Orientierungssatz:

Mutmaßlich ist derjenige Wille des Auftraggebers, der bei objektiver Beurteilung aller gegebenen Umstände von einem verständigen Betrachter vorauszusetzen ist (BGH, Urteil vom 4. April 1974 - VII ZR 222/72, LM Nr. 71 zu VOB/B; Hdb. priv. BauR (Kleine-Möller), 2. Aufl., § 10 Rdn. 549).

Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn der Auftragnehmer die nicht beauftragten Leistungen nach Art und Umfang so beschreibt, daß der Auftraggeber rechtzeitig informiert wird und ihm die Möglichkeit gegeben wird, billigere Alternativen zu wählen.

§ 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B verlangt lediglich, daß die Leistungen angezeigt werden. Für den Schutz des Auftraggebers ausreichend ist es wie bei § 2 Nr. 6 VOB/B, daß für ihn deutlich wird, daß die Leistungen nicht unentgeltlich erbracht werden.

Sollte das Berufungsgericht wiederum zur Verneinung eines Anspruchs der Klägerin aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B gelangen, wird es erneut zu prüfen haben, ob der Klägerin gesetzliche Ansprüche zustehen. Für die von der Klägerin verlangte zusätzliche Vergütung kommen Ansprüche aus berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag sowie bereicherungsrechtliche Ansprüche in Betracht.
a) Diese scheitern nicht daran, daß § 2 Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 VOB/B gesetzliche Ansprüche ausschließt.
(1) Der § 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B in der am 11. Juni 1996 bekannt gemachten Fassung, der vorsieht, daß die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag unberührt bleiben, ist nicht anwendbar, weil die Vertragsparteien die Fassung des § 2 Nr. 8 VOB/B vereinbart haben, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im November 1994 maßgeblich war.
(2) § 2 Nr. 8 VOB/B in der zwischen den Parteien vereinbarten Fassung hält jedoch, soweit er gesetzliche Ansprüche ausschließt, der Inhaltskontrolle nach dem AGBG nicht stand (BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 - VII ZR 291/88, BGHZ 113, 315, 322 ff.). § 2 Nr. 8 VOB/B muß nach dem AGBG überprüft werden, da die Parteien aufgrund der ebenfalls in den Vertrag einbezogenen, von dem Beklagten gestellten "Besonderen Vertragsbedingungen" die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart haben.
(3) Durch die Einbeziehung der Klauseln Nr. 16.2, Nr. 16.3 und Nr. 18.1 der "Besonderen Vertragsbedingungen" haben die Parteien das in der VOB/B vorgesehene Gefüge von Leistung und Gegenleistung zuungunsten der Klägerin verschoben (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1987 - VII ZR 155/86, BGHZ 101, 357, 360 ff.; Urteil vom 19. Mai 1994 - VII ZR 26/93, BauR 1994, 617, 618 = ZfBR 1994, 262, 263; Urteil vom 9. Oktober 2001 - X ZR 153/99, BauR 2002, 775, 777).
bb) In Nr. 18.1 der "Besonderen Vertragsbedingungen" ist geregelt, daß Abschlagszahlungen nur bis 90 % der erbrachten Leitungen ausgezahlt werden. Das greift erheblich zu Lasten des Auftragnehmers in § 16 Nr. 1 VOB/B ein, wonach erbrachte Leistungen vollständig zu vergüten sind (BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 - VII ZR 291/88, BGHZ 113, 315, 322 ff.; Urteil vom 17. September 1987 - VII ZR 155/86, BGHZ 101, 357, 361 ff.).
b) Mit der Begründung des Berufungsgerichts läßt sich aus den oben zu § 2 Nr. 8 VOB/B dargelegten Gründen (vgl. oben 3.b) das für einen Anspruch aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag erforderliche mutmaßliche Interesse des Beklagten nicht verneinen.
c) Sofern sich das mutmaßliche Interesse des Beklagten nicht feststellen lassen sollte, wird das Berufungsgericht Ansprüche der Klägerin aus unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag zu prüfen haben.
d) Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung können ebenfalls nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts verneint werden. Das Berufungsgericht trifft keine Feststellungen dafür, daß die von der Klägerin erbrachten Leistungen, die für die Errichtung der Straße notwendig waren, dem Beklagten aufgedrängt worden wären. Aus seinen Feststellungen ergibt sich nicht, daß die Arbeiten unerwünscht gewesen wären und der Beklagte ihre Beseitigung verlangt hätte. Die Straße wird vielmehr genutzt. In einem derartigen Fall ist die öffentliche Hand bereichert, wobei sich die Bereicherung auch aus den ersparten Aufwendungen ergeben kann (BGH, Urteil vom 26. April 2001 - VII ZR 222/99, BauR 2001, 1412, 1413 f. = ZfBR 2001, 455).


Fundstelle:

BauR 2004, 495-500




Kontaminationsrisiko


Gericht: OLG Stuttgart
Datum: 30.01.2003
Az: 2 U 49/00
NK:

Leitsatz:

Wird in einem VOB-Vertrag das sog. Kontaminationsrisiko nicht geregelt, ist dieses nach der ebenfalls zum Vertrag gehörenden VOB Teil C zu klären.

Gem. DIN 18299 Abschnitt 3.3 iVm Abschnitt 4.2.1 sind die weiteren Maßnahmen bei Antreffen von Schadstoffen in Böden "Besondere Leistungen".

Sind diese im Vertrag nicht beschrieben, kann der Auftragnehmer für den Mehraufwand aus der Entsorgung von belastetem Erdmaterial eine zusätzliche Vergütung verlangen.

(BGH hat Nichtzulassungsbeschwerde am 28.08.2003 VII ZR 59/03 zurückgewiesen.)


Fundstelle:

BauR 2004, 678



AGB und Mehrfachverwendung


Gericht: BGH
Datum: 27.11.2003
Az: VII ZR 53/03
NK:

Leitsatz:

a) Aus dem Inhalt und der Gestaltung der in einem Bauvertrag verwendeten Bedingungen kann sich ein von dem Verwender zu widerlegender Anschein dafür ergeben, daß sie zur Mehrfachverwendung vorformuliert worden sind (im Anschluß an BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 - VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 238).

b) Eine vom Auftraggeber gestellte Klausel in einem Bauvertrag, nach der jegliche Nachforderungen ausgeschlossen sind, wenn sie nicht auf schriftlichen Zusatz- und Nachtragsaufträgen des Auftraggebers beruhen, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist deshalb gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam.

c) Ein Zahlungsplan in einem Bauvertrag, wonach die 12. Rate nach Fertigstellung der Leistung und die 13. und letzte Rate nach Beseitigung aller Mängel, Abnahme und Vorlage einer Gewährleistungsbürgschaft zu zahlen ist, ist vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen dahin zu verstehen, daß die 13. Rate fällig wird, wenn die Abnahme trotz vorhandener Mängel erfolgt. Dem Auftraggeber steht dann in Höhe des mindestens Dreifachen der Mängelbeseitigungskosten ein Leistungsverweigerungsrecht zu.



Fundstelle:

BGH-free (im www.)



Ablehnung der Nachbesserung durch AG trotz vorheriger Aufforderung


Gericht: BGH
Datum: 27.11.2003
Az: VII ZR 93/03
NK:

Titelzeile:




Leitsatz:

Ein Auftraggeber, der den Auftragnehmer zur Nachbesserung auffordert, eine von diesem vorgeschlagene geeignete Nachbesserung aber nicht annimmt, verhält sich widersprüchlich.




Fundstelle:

BGH-free (im www.)



Haftungsanteil für Planungsverschulden 100%, für unterlassene Bedenken 0%!!!


Gericht: OLG Celle (BGH hat Nichtzul.beschw. zurückgewiesen VII ZR 379/01 24.7.2003)
Datum: 11.10.2001
Az: 22 U 6/01
NK:

Leitsatz:

Auch wenn der BU nicht von der Haftung für Mängel frei ist, weil er gebotene Bedenken gegen die geplante Bauausführung nicht angemeldet hat, kann seine Haftung im Ergebnis wegen ganz überwiegenden Verschuldens auf Seiten des BH ausgeschlossen sein.

Fundstelle:

IBR 2004, 12



Anspruch aus § 642 BGB von BU gegen BH wegen fehlender Vorunternehmerleistungen


Gericht: BGH
Datum: 19.12.2002
Az: VII ZR 440/01
NK:

Leitsatz:

1. Kann der Auftragnehmer wegen fehlender Vorunternehmerleistungen seine Leistungen nicht erbringen, genügt neben einer nach § 6 Nr. 1 VOB/B etwa erforderlichen Behinderungsanzeige gemäß § 295 BGB ein wörtliches Angebot der Leistung, um den Annahmeverzug des Auftraggebers zu begründen.
2. Für ein wörtliches Angebot kann es genügen, daß der Auftragnehmer seine Mitarbeiter auf der Baustelle zur Verfügung hält und zu erkennen gibt, daß er bereit und in der Lage ist, seine Leistung zu erbringen.

(Im Text: Entschädigungsanspruch nach § 642 I BGB)

Fundstelle:

BauR 2003, 531



Stundenlohnarbeiten


Gericht: BGH
Datum: 24.7.2003
Az: VII ZR 79/02
NK:

Leitsatz:

VOB/B § 2 Nr. 10 i.V.mit § 15 Nr. 1

a) Enthält der Vertrag keine Vereinbarung über die Vergütung von Stundenlohnarbeiten, dann können die für eine nachträgliche konkludente Stundenlohnvereinbarung erforderlichen rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen in der Regel nicht allein aus der Unterzeichnung von Stundenlohnnachweisen durch den Bauleiter hergeleitet werden.

b) Eine nachträgliche Stundenlohnvereinbarung erfordert eine entsprechende Vollmacht desjenigen, der die Stundenlohnnachweise unterzeichnet.

c) Die Ermächtigung eines Bauleiters oder Architekten, Stundenlohnnachweise abzuzeichnen, ist keine Vollmacht zum Abschluß einer Stundenlohnvereinbarung.

VOB/B § 14 Nr. 2

a) Nimmt der Auftragnehmer ein einseitiges Aufmaß, ist es im Regelfall ausreichend, wenn der Auftraggeber die Richtigkeit der vom Auftragnehmer angesetzten Massen im Werklohnprozeß erheblich bestreitet.

b) Hat der Auftraggeber die einseitig ermittelten Massen des Auftragnehmers bestätigt und ist aufgrund nachfolgender Arbeiten eine Überprüfung der Massen nicht mehr möglich, dann muß der Auftraggeber im Prozeß vortragen und beweisen, welche Massen zutreffen oder daß die vom Auftragnehmer angesetzten Massen unzutreffend sind.





Fundstelle:

juris



Mangeldefinition


Gericht: BGH
Datum: 9.1.2003
Az: VII ZR 181/00
NK: VOB/B § 13

Titelzeile:

Qualifizierung eines Mangels/einer Minderung

Leitsatz:

1. Eine Beeinträchtigung des nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauchs liegt vor, wenn die mit der vertraglich geschuldeten Ausführung erreichbaren technischen Eigenschaften, die für die Funktion des Werkes von Bedeutung sind, durch die vertragswidrige Ausführung nicht erreicht werden und damit die Funktion des Werkes gemindert wird.
2. Begründet die vertragswidrige Ausführung das Risiko, daß das ausgeführte Werk im Vergleich zu dem vertraglich geschuldeten Werk eine geringere Haltbarkeit und Nutzungsdauer hat und daß erhöhte Betriebs- oder Instandsetzungskosten erforderlich werden, ist der nach dem Vertrag vorausgesetzte Gebrauch gemindert.
3. Eine Beeinträchtigung des nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauchs liegt vor, wenn die mit der vertraglich geschuldeten Ausführung erreichbare Nutzlast einer Betondecke mit der vertragswidrigen tatsächlichen Ausführung nicht erreicht wird. Für die Beeinträchtigung des nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauchs ist es unerheblich, daß die tatsächliche Ausführung nach dem derzeitigen Erkenntnisstand für alle denkbaren Lastfälle ausreicht und welche Vorstellungen der Auftraggeber hinsichtlich der zukünftigen Nutzlast hat.
4. Die Berechnung der Minderung nach den Mängelbeseitigungskosten kommt nicht in Betracht, wenn die Nachbesserung unmöglich oder unverhältnismäßig ist.
5. Verwendet der Auftragnehmer im Vergleich zur geschuldeten Ausführung minderwertiges Material, dann ist die Vergütung des Auftragnehmers um den Vergütungsanteil zu mindern, der der Differenz zwischen der erbrachten und der geschuldeten Ausführung entspricht.
6. Der Auftraggeber kann Minderung für einen technischen Minderwert verlangen, der durch die vertragswidrige Ausführung im Vergleich zu geschuldeten verursacht worden ist.
7. Neben einer Minderung für einen technischen Minderwert kann der Auftraggeber für einen merkantilen Minderwert Minderung verlangen, wenn die vertragswidrige Ausführung eine verringerte Verwertbarkeit zur Folge hat, weil die maßgeblichen Verkehrskreise ein im Vergleich zu vertragsgemäßen Ausführung geringeres Vertrauen in die Qualität des Gebäudes haben.



Orientierungssatz:

Mangelqualifikation

Fundstelle:

EBE/BGH 2003, 75



Architektenhaftung


Gericht: BGH
Datum: 16.5.2002
Az: VII ZR 81/00
NK:

Leitsatz:

1. Der Nachweis der Verletzung der Bauaufsichtspflicht eines Architekten kann durch einen Anscheinsbeweis erleichtert sein.
2. Ist die schuldhafte Verletzung der Bauaufsichtspflicht eines Architekten für einen Bauwerksschaden mitursächlich, so führt dies zur vollen Haftung des Architekten gegenüber dem Auftraggeber.



Fundstelle:

EBE/BGH 2002, BGH-Ls 424/02



Bauhandwerkersicherungshypothek gemäß § 648 BGB auf bestellerfremden Grundstück


Gericht: LG Augsburg
Datum: 27.09.2001
Az: 1 O 2798/01
NK: § 648 BGB

Leitsatz:

Die in § 242 BGB niedergelegten Rechtsgrundsätze gelten
auch bei Anwendung des § 648 BGB (BGH NJW 1988, 255).
Das Identitätserfordernis zwischen Eigentümer und Be-
steller muß zurücktreten, wenn "die Wirklichkeit des
Lebens und die Macht der Tatsachen" es dem Richter ge-
bieten, die personen- und vermögensrechtliche Selb-
ständigkeit von Besteller und Eigentümer hintanzusetzen.

Fundstelle:

eigene Akte (Sa/Ig)

weitere Fundstellen:

neues, gleichlautendes Urteil OLG Celle 21.4.2004 7 U 199/03
Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH 23.6.2005 VII ZR 124/04 in IBR 2005, 483



aktuell seit 12.03.04: Ablehnung eines Nachbesserungsangebots nach Verzug


Gericht:
Datum:
Az:
NK:

Leitsatz:

BGH BauR 2004, S. 501 ff.: Der Untenehmer, der die ihm gesetzte Frist zur Nachbesserung verstreichen lässt, verliert sein Recht zur Nachbesserung. Der Auftraggeber kann nunmehr die Nachbesserung ablehnen, behält allerdings zunächst das Recht, die Mängelbeseitigung zu verlangen.

Verlangt der AG trotz Fristablauf weiterhin die Nachbesserung, so kann er diese nicht ohne weiteres ablehnen, wenn sich der Auftragnehmer nunmehr zu geeigneten Maßnahmen anbietet. Denn dann verhält sich der AG widersprüchlich und treuwidrig und verliert er den Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Nachbesserung durch Drittunternehmer.




aktuell seit 12.03.04: AGB zu schr. Nachtragsvereinbarung unwirksam


Gericht:
Datum:
Az:
NK:

Leitsatz:

Der BGH hat nunmehr entschieden, dass die oftmals unternommene Klausel in einem Bauvertrag, wonach der Auftragnehmer Nachträge nur dann berechnen kann, wenn er die Vergütung mit dem Auftraggeber zuvor schriftlich vereinbart, den Auftragnehmer unangemessen benachteilige. Sie sei deshalb gemäß § 9 I AGBG (alt, jetzt BGB) unwirksam.

"Das Interesse des AG an Kostenklarheit, Kostensicherheit und Vermeidung unliebsamer Überraschungen ... vermag nicht ausreichend zu begründen, dass der AG die Leistungen ohne geldwerten Ausgleich behalten und nutzen kann. Denn letztlich sind diese Nachforderungen, so sie denn berechtigt sind, in vielen Fällen entweder auf nachträgliche Sonderwünsche des AG, Änderungen..., unzureichende Ausschreibung und Beauftragung oder auf eine nach Nutzerwünschen geänderte Planung zurückzuführen, die sich der AG häufig zu eigen macht." (BGH BauR 2004, S. 488 ff.)

Mit dieser Entscheidung verbleibt es bei bekanntem Problem, was passiert, wenn der Unternehmer mit Nachforderungen kommt, von denen er den AG zuvor (absichtlich?) nicht unterrichtet hat. Solcher Art Klauseln hatten versucht, dem Einhalt zu gebieten. Nunmehr kann das alte Spiel der unerwarteten Nachträge weitergehen!